■ Mit russischem Erdgas auf du und du
: Seltsame Sanierung

Berlin (taz) – Ein russisches Unternehmen hat gerade wieder einmal bewiesen, wie die Sanierung von maroden Erdgasleitungen schnell und einfach zu erledigen ist: auf dem Papier. So teilte die russische Gasprom ihrem deutschen Partner Wintershall mit, die geplanten 4.000 Kilometer Gasleitungen nach Europa seien „praktisch fertiggestellt“. Doch neugebaut wurde fast nichts.

Für den Transport von Erdgas aus Sibirien werden die alten Pipelines verwendet und allmählich erweitert – obwohl eine Explosion in der russischen Republik Komi vor zwei Tagen gezeigt hat, was die Dinger noch taugen: wenig. „Marktorientierte Denkweise“ nennt die Gasprom ihre Strategie, die die geplanten Investitionen von vierzig Milliarden Dollar natürlich drastisch reduziert.

Dabei läßt sich das Unternehmen Gasprom, größter Erdgaskonzern der Welt, äußerst ungern in die Karten schauen. Zwar hat sich Gasprom an Joint-ventures mit westlichen Firmen beteiligt – gemeinsam mit der BASF-Tochter Wintershall zum Beispiel an der Firma Wingas. Doch die Angestellten von Wingas sitzen brav in Kassel: Ihre Aufgabe ist es, das 1.200 Kilometer lange Gasleitungsnetz der Wingas in der Bundesrepublik zu betreiben; mit den 120.000 Kilometern Gaspipelines in Rußland haben sie nichts zu tun. Im Laufe dieses Jahres will die Gasprom allerdings knapp zehn Prozent der Unternehmensanteile privatisieren und westlichen Konzernen anbieten.

In der Ölindustrie ist diese Öffnung bereits weiter fortgeschritten. Etliche Joint-ventures sind nicht nur für die Vermarktung der russischen Produkte im Westen zuständig, sondern auch für die Förderung und den Transport von Erdöl. Allerdings heißt das nicht automatisch, daß die westlichen Firmen ein Interesse an geringen Verlusten beim Transport haben.

Nach Angaben von Greenpeace verdienen die westlichen Partner nicht am Öl, das am Ende der Leitungen ankommt, sondern am Öl, das in die Leitungen hineingepumpt wird. Dadurch sei es, so Greenpeace, den Unternehmen gleichgültig, wieviel Öl während des Transports in der Umwelt versickert. Felix Berth