Nach Fluten kam wieder die Flaute

Im historischen Stadtbad Oderberger Straße kann seit neun Jahren nicht gebadet werden / Vorschläge zur Zwischennutzung und Ideen zur kostengünstigen Sanierung wurden bisher abgelehnt  ■ Von Kathi Seefeld

Dieser Tage, so zwischen 15. April und 30. Mai, wäre die Zeit für den „Auftakt“ gewesen. Für einen „guten Mix“ zu Beginn einer Zwischennutzung jener „zentralen Halle mit Schwimmbecken“. Folgen sollten Installationen, Theater, Performance. Was genutzt wird, verfällt nicht weiter – so hatte es sich der Kiezverein „Entweder Oderberger“ in Prenzlauer Berg gedacht. Immerhin geht der Leerstand des historischen Stadtbades an der Oderberger Straße nunmehr ins neunte Jahr. Erst fehlten in der DDR die Mittel für eine Sanierung. Nach der Wende sollte die 1899 erbaute Volksbadeanstalt für 45 Millionen Mark neugestaltet werden. Baubeginn 1995. Doch der Senat zückte den Rotstift. Und dann verabschiedete auch der Bezirk dieses Vorhaben aus seiner Investitionsplanung bis 1999.

Der Kiezverein ließ nicht locker. Er präsentierte den Bezirkspolitikern eine Konzeption, die – zunächst für ein Jahr mit der Option auf weitere – auf eine kulturelle Zwischennutzung des historischen Gebäudes setzt. „Wir bieten Spielmöglichkeiten im Haus, ohne Miet- und Stromkosten, und organisieren die Öffnungszeit. Die einzelnen Projekte organisieren ihre Produktionen von der Finanzierung bis zur Technik selbst und haben dabei nur darauf zu achten, daß alle Vorschriften im Umgang mit dem denkmalgeschützten Haus eingehalten werden.“ Ein Konzept, an dem der Kulturausschuß des Bezirkes zunächst Gefallen fand. Hatte doch bereits im Vorjahr der Verein mit „Fluten“, einer Veranstaltungsreihe rund um den Wendeherbst 1989, mehr als 6.000 Besucher in die gekachelten Gemäuer gelockt.

Dennoch sitzt der Verein „Entweder Oderberger“ mit seiner Zwischennutzungsidee bis heute auf dem Trockenen. Bezirksbürgermeister Manfred Dennert (SPD) ist das Ganze schlichtweg zu teuer. Vorübergehend eine Turnhalle daraus zu machen, das wäre nach seinem Geschmack. Aber auch eine solche koste knapp zwei Millionen Mark. So prüft nunmehr der Haushaltsausschuß in Konsultation mit dem Sportausschuß und dem Bauausschuß...

Allzugroßes Engagement kann Bürgermeister Dennert in Sachen Stadtbad ohnehin nicht vorgeworfen werden. Trost suchte er inzwischen bei jener Unternehmensberatungsfirma, die die Privatisierung der Berliner Bäder im Auftrage des Senats vorbereitet. Kommt die Bäder-Holding, hieß es dort, wird auch das Stadtbad Oderberger Straße bald saniert.

Wie bald, versuchte die Bündnisgrünen-Abgeordnete Judith Demba von Sportsenator Jürgen Klemann zu erfahren. Der Unterhalt des Leerstandes koste jährlich immerhin 500.000 Mark, das geschlossene Stadtbad im Bezirk Lichtenberg mit eingerechnet. „Der Zeitpunkt einer Wiedereröffnung der geschlossenen Stadtbäder kann zur Zeit nicht abgeschätzt werden“, so die Antwort des Senators. Erst müsse die Bereitstellung der notwendigen Investitionsmittel von rund 120 Millionen Mark nebst Finanzierung der Betriebskosten geklärt werden.

„Utopische Zahlen“, heißt es dazu seitens des Kiezvereines. „Es geht auch eine Nummer kleiner“, so Sprecher Bernd Holfreter kürzlich vor Journalisten. Die ursprünglichen Planungen für das Stadtbad Oderberger Straße hätten als Installation eines Spaßbades mit Superrutsche, Whirlpool und Wasserfall ohnehin dem Charakter des Volksbades entsprochen, wie es einst von Ludwig Hoffmann erbaut worden war. Dank einer Spende konnte der Verein ein Architekturbüro bemühen, welches ein Konzept andachte, das die Kosten für eine Sanierung auf etwa 25 Millionen Mark schrumpfen lassen könnte.

Bernd Holtfreter ist sich sicher, daß Investoren angesicht einer preiswerteren Sanierungskonzeption nicht lange auf sich warten ließen. Teuer allerdings wird's, wenn von Bezirk und Senat nicht bald Lösungen gefunden werden. Das historische Bad verfällt zusehends.