Die Niederlage ist eigentlich gar keine

■ Anti-AKW-Bewegung macht sich Mut / Über 100 neue Initiativen nach dem Castor

Helmstedt (taz) – Nach dem Castor-Transport trafen sich am Wochenende 120 Delegierte der Anti- Atom-Initiativen aus ganz Deutschland. Dabei ging es um Strategien, mit denen Atomtransporte aus dem In- und Ausland blockiert und wenn möglich verhindert werden sollen. Die Sprecherin der Bürgerinitiative gegen das Endlager Morsleben, Dorothea Jantzen-Pöhlmann, zog zufrieden die Bilanz der letzten Wochen: etliche neue Bürgerinitiativen gegründet; die Anti-AKW-Bewegung kommt wieder in Schwung.

taz: Der Castor ist in Gorleben, und er soll nicht der einzige in diesem Jahr bleiben. Die Bundesregierung ist auf die harte Linie eingeschwenkt. Wird das den Widerstand der Anti-AKW-Bewegung endgültig brechen?

Jantzen-Pöhlmann: Das will die Bundesregierung vielleicht versuchen, aber das wird nicht gelingen. Bei der Frühjahrskonferenz waren wir uns einig, daß wir uns diese Spielregeln nicht aufdrücken lassen, sondern daß wir jetzt erst recht noch mehr Widerstand an allen möglichen Standorten formieren.

Aber der Bund hat sich festgelegt: Castor-Behälter kommen nach Gorleben, mittelaktiver Müll kommt wieder ins Endlager Morsleben. Wo und wie will die Bewegung denn jetzt noch gegensteuern?

Wir müssen eben noch mehr Leute auf die Straße bringen. Andere Möglichkeiten gibt es kaum. Und es gibt immer weniger Leute, die sich von den CDU-Vorstößen zur Kriminalisierung beeindrucken lassen. Die Anti-Atom-Bewegung läßt sich davon nicht abschrecken. Im Gegenteil: Im Umfeld des Castor-Transportes haben sich bundesweit spontan über 100 neue Bürgerinitiativen gegründet.

Also keine Resignation nach dem Castor?

Das ist keine Niederlage. Es ist natürlich bedauerlich, daß der Castor jetzt da drin ist, aber das hat uns im Grunde in unserem Widerstand nur noch bestärkt. Das werden wir bei der bundesweiten Demonstration für die sofortige Stillegung aller Atomanlagen am 13. Mai in Hannover unter Beweis stellen.

In der nächsten Zeit ist ja auch mit Rücktransporten aus ausländischen Wiederaufbereitungsanlagen zu rechnen. Was wollen Sie dagegen tun?

Wir sind uns einig, keine Grenzblockaden einzurichten. Es hat ja keinen Sinn zu sagen, der deutsche Müll muß jetzt im Ausland bleiben. Wir sind der Meinung, daß wir für das, was wir in Deutschland produzieren, auch in Deutschland verantwortlich sind. Der Widerstand wird deshalb entlang der Transportstrecken im Inland und vor den möglichen Zwischenlagern beziehungsweise dem Endlager einsetzen. Interview: Eberhard Löblich.