Bremer Einigkeit: Nie wieder Ampel!

In der Hansestadt deuten die Zeichen auf Große Koalition / Die PDS wird den Einzug in die Bürgerschaft kaum schaffen / Die SPD scheint für rot-grünes Bündnis nicht in der Lage  ■ Aus Bremen Dirk Asendorpf

In Bremens Landesregierung sitzen sich seit drei Monaten jeden Dienstag zwei Männer gegenüber, die gründlich miteinander abgerechnet haben. „Über die Amtsführung von Herrn Jäger habe ich gar nichts zu sagen“, hatte Bremens Bürgermeister Wedemeier einige Tage nach dem Zusammenbruch seiner Ampelregierung über den Anführer des Koalitionspartners FDP erklärt, „schon gar nichts Positives.“ Am Tag darauf urteilte Jäger über Wedemeier mit einem einzigen Wort: „Dummdreist.“ Seitdem herrscht zwischen den beiden Funkstille.

Als viertes Bundesland steuert jetzt Bremen direkt auf die Große Koalition zu. Das allerdings nicht so wie in Baden-Württemberg, Berlin oder Mecklenburg-Vorpommern, weil keine mehrheitsfähigen Bündnisse möglich wären. Wenn in Bremen am 14. Mai gewählt wird, so sagt die am Mittwoch veröffentlichte letzte Forsa- Umfrage voraus, dann dürfen SPD und Grüne durchaus eine rechnerische Mehrheit erwarten. Doch daran, daß die tatsächlich zu einem rot-grünen Bündnis im kleinsten Bundesland führen wird, glaubt in Bremen kaum noch jemand. Auch die zuletzt praktizierte Variante scheint in Bremen mit dem Koalitionsbruch vom 24. Februar endgültig gescheitert. Eine Woche vor der vorgezogenen Neuwahl in Bremen sind sich die drei einstigen Koalitionspartner nur noch in einer Frage einig: „Nie wieder Ampel!“

Im Februar wurde der Grüne Ralf Fücks, dritter Partner im bisher einzigen westdeutschen Ampelbündnis, von CDU, FDP, zwei rechtsextremen Splittergruppen und fünf Abgeordneten der SPD per Mißtrauensvotum aus dem Amt gekippt. Anlaß war die „Piepmatzaffäre“. Das Umweltressort von Fücks hatte den kleinen Teil einer von FDP und SPD als Gewerbegebiet geplanten Wiese in Brüssel als Vogelschutzgebiet angemeldet.

Daß trotz potentieller Stimmenmehrheit keine rot-grüne Koalition zustande kommen wird, liegt im wesentlichen an den Sozialdemokraten. Seit 1945 ununterbrochen an der Regierung, ist die Partei inzwischen personell wie programmatisch ausgelaugt und zu einem offensiven rot-grünen „Reformbündnis“, von dem Grünen- Spitzenkandidat Ralf Fücks träumt, nicht mehr in der Lage. Ausdruck dafür ist die Abspaltung ihres rechten Flügels, die unter dem Namen „Arbeit für Bremen“ seit Februar für Furore sorgt und laut Forsa-Umfrage für sechs Prozent der Wählerstimmen gut ist.

Doch auch unter den übriggebliebenen SPD-Abgeordneten wird es wieder so viele Feinde einer rot-grünen Koalition geben, daß Bürgermeister Wedemeier bereits hinter vorgehaltener Hand davon spricht, daß er Rot-Grün nur mit einer – unwahrscheinlichen – Mehrheit von mindestens zehn Stimmen wagen würde.

Auch die CDU zeigt bisher Beißhemmung im Bremer Wahlkampf. Warum, so scheinen sich die beiden großen Parteien zu fragen, sollen wir jetzt unnötige Konfliktlinien aufbauen, die in einer Großen Koalition nach der Wahl doch wieder eingerissen werden müßten. Kein Wunder, daß angesichts so geringer Gegensätze laut Forsa noch 40 Prozent der BremerInnen unentschlossen sind, wem sie ihre Stimme geben sollen.

Die PDS versucht den Bremer Wahlkampf auf ihre Art zu nutzen: Mit 200.000 Mark und großem Personaleinsatz aus dem Osten ist sie in Bremen seit Wochen präsent. Mit immerhin drei Prozent liegt sie in den Umfragen auch diesmal ungefähr auf der Höhe, die sie auch bei der Bundestagswahl in Bremen erreicht hatte. Das PDS-Konzept, das kleine Bremen so wie einst die Grünen 1979 als Einfallstor in die westdeutschen Landesparlamente zu nutzen, scheint allerdings dennoch nicht aufzugehen.

Einer der eifrigsten Wahlhelfer der PDS, der Landesvorsitzende aus Sachsen-Anhalt Roland Claus, hat bereits Mitte April die Rückzugslinie aufgebaut: „Es wäre schon ein beachtlicher Erfolg, wenn wir über den bisherigen Ansatz hinauskommen und es doch unter fünf Prozent bleibt.“