piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ Parabel auf Südafrika: „Dust“ von Marion Hänsel im fsk

Bilderbuch-Landschaften können sich auf die Entwicklung des Menschen katastrophal auswirken. Schlimmstenfalls werden sie zum Gefängnis, wenn es für die Bewohner eigentlich Zeit wäre, sie zu verlassen. In „Dust“ spielt Jane Birkin Magda, die Tochter eines verwitweten Landbesitzers (Trevor Howard), den die rote Wüste in der Kap-Provinz, Südafrika, verbittert und wortkarg hat werden lassen. Vater und Tochter wohnen mit einigen schwarzen Arbeitern in einem Steinhaus, dessen Einsamkeit seinen Bewohnern ein unerträglich monotones Leben aufzwingt. Als der Vorarbeiter Hendrick eines Tages seine Frau mitbringt, gerät die starre Ordnung ins Schwanken. Der Alte verguckt sich in die junge Schwarze, von Magda „Klein Anna“ genannt, und verführt sie mit dem plumpen Charme eines Tierpflegers. Magda flippt aus und erschießt ihren Vater aus Eifersucht und Haß.

Was nach der heimlichen Beerdigung des „Baas“ folgt, läßt sich unschwer als eine Parabel auf das moderne Südafrika verstehen, die heute vielleicht aktueller ist als vor zehn Jahren, als der Film zuerst in die Kinos kam. In einer Mischung aus Neid, schlechtem Gewissen und Sehnsucht nach Gleichheit mit Hendrick und Anna versucht Magda, die autoritäre Haushaltsführung zu revolutionieren. Das aber mißlingt und treibt die nicht mehr junge Tochter in den Wahnsinn. Zur Darstellung dieses Geisteszustandes hat die Regisseurin etwas penetrant die dafür gängigen 80er-Jahre-Metaphern eines Cine-Feminismus benutzt und die Kamera allzu lange auf dem mal von alten Spiegeln, dann wieder von Fensterscheiben verzerrten Gesicht Jane Birkins ruhen lassen. Dennoch gleitet der Film nicht in ein hohles Psychodrama ab. Das liegt an dem bemerkenswerten Schauspiel von Jane Birkin, die keine Angst davor hat, in häßlichen Situationen häßlich auszusehen, aber auch an der Drehbuchvorlage des südafrikanischen Autors J. M. Coetzee: Keine der Figuren in diesem Film über einen schwarz-weißen Mikrokosmos in der Provinz ist aufgrund der Hautfarbe gut oder böse. Alle haben die verstrickte Situation selbst noch ein bißchen komplizierter gemacht. Doch im Unterschied zu der weißen Landbesitzerin, die allzu tief in dem wunderschönen Grund und Boden voller Agaven und wilder Sonnenuntergänge verwurzelt ist, gelingt den beiden Schwarzen am Ende die Flucht: Ihr Land ist größer. Dorothee Wenner

Täglich 20 Uhr, engl. OF, fsk-Kino 1, Segitzdamm 2

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen