Synagoge beschädigt

■ Sprengsatz gegen Gebetshaus in Riga

Berlin (taz) – In den frühen Morgenstunden des 6. Mai schleuderten bislang unbekannte Täter einen Sprengsatz in die Synagoge von Riga. Personen kamen nicht zu Schaden, doch wurde der Gebetssaal durch die Explosion ramponiert. Fenster barsten und das Mauerwerk sowie Möbel wurden in Mitleidenschaft gezogen. Nach ersten Schätzungen belaufen sich die Schäden auf etwa 30.000 bis 40.000 Dollar.

Ministerpräsident Maris Gailis nannte den Anschlag auf die vor 92 Jahren gegründete Snagoge einen „barbarischen Akt“, der den 5. Jahrestag der erneuten Unabhängigkeitserklärung Lettlands am 4. Mai überschatte. Gailis sagte zu, alles zu veranlassen, um die Täter zu fassen und vor Gericht zu stellen.

Margers Verstermanis, Leiter des Dokumentationszentrums „Juden in Lettland“, sprach von einem bislang einmaligen Akt in Lettland. Selbst dem verbohrtesten einheimischen Antisemiten dürfte klar sein, welch schlimmer Schatten durch so eine Tat auf die Baltenrepublik falle. Im Unterschied zu den Anschlägen auf die Synagoge in Lübeck am Sonntag, die einen eindeutig antisemitischen Hintergrund hätte, sieht Verstermanis in dem Attentat von Riga vor allem eine „gezielte Provokation gegen Lettland“.

Auch die näheren Umstände des Anschlags deuten darauf hin, daß es sich nicht um einen spontanen Übergriff gehandelt haben kann. In einer lettischen Tageszeitung bestritt der Vorsteher der Jüdischen Gemeinde zu Riga die Aussage eines Augenzeugen, wonach der Trotylsprengsatz aus einem fahrenden Auto heraus durch ein Fenster in das Gotteshaus geschleudert worden sei. Die Fenster seien durch besondere Vorkehrungen gesichert gewesen.

Die Täter für einen solchen geplanten Anschlag könnten nach Ansicht von lettischen Politikern und Journalisten aus Rußland kommen. In Moskau wolle man, so die Vermutung, die Baltenrepublik als instabil und von ethnischen Konflikten erschüttert hinstellen.

In der Tat war es gerade in den letzten Wochen zu erneuten Spannungen mit Rußland gekommen. So hatte Moskau bis zum letzten Augenblick gegen die Sprengung der russischen Radaranlage im lettischen Skrunda protestiert. Lettlands Staatspräsident Guntis Ulmanis schlug zur großen Verärgerung Jelzins die Einladung zur Teilnahme an den Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Moskau aus. Ojars J. Rosítis