Erste Spur nach Mord an zwei Vietnamesen

■ In einem Berliner Wohnheim wurden wieder zwei Vietnamesen erschossen / Ein Dritter befindet sich außer Lebensgefahr / Polizei fahndet nach drei Tätern

Berlin (taz/dpa) – Nach dem Mord an zwei Vietnamesen in einem Berliner Ausländerwohnheim fahndet die Polizei nach drei mutmaßlichen Tätern. Einer der Gesuchten, ein 20jähriger Vietnamese, steht im Verdacht, am 25. Dezember im Wohnheim in der Marzahner Havemannstraße einen Landsmann durch mehrere Schüsse verletzt zu haben. In den vergangenen zwölf Monaten kamen 16 Menschen bei Bandenkriegen innerhalb der sogenannten Zigaretten-Mafia ums Leben. Zuletzt waren am 29. März bei einer Schießerei in der Havemannstraße fünf Vietnamesen ermordet und drei schwer verletzt worden.

Nach den bisherigen Ermittlungen der Polizei stürmten die Täter am vergangenen Sonntag gegen 20 Uhr in den Innenhof des Wohnheims in der Lichtenberger Rhinstraße und gaben mindestens zehn Schüsse auf ihre Landsleute ab. Ein 30jähriger und ein 31jähriger starben, ein weiterer wurde schwer verletzt. Er befindet sich inzwischen außer Lebensgefahr. Da er falsche Papiere bei sich trug, konnte er bislang nicht identifiziert werden. Eines der Opfer hatte offenbar noch versucht, sich mit einer Waffe zur Wehr zu setzen.

Der Leiter der polizeilichen Ermittlungsgruppe „AG Vietnam“, Detlef Schade, geht davon aus, daß die Tat im Zusammenhang mit der versuchten Ermordung von drei Vietnamesen am 21. März steht. Es gebe außerdem Hinweise, daß sich die rivalisierenden Banden regelrechter Killerkommandos bedienten, die zur Ausführung von Anschlägen nach Berlin kämen und sich dann in ländliche Regionen Deutschlands zurückzögen. Früher hätten sich Banden aus Nord- und Mittelvietnam gegenseitig bekämpft, erklärte Schade. Nachdem die Gruppen aus Nordvietnam diesen Kampf verloren hätten, seien nun Streitigkeiten zwischen verschiedenen Gruppen aus Mittelvietnam ausgebrochen.

Vor dem Wohnheim in der Rhinstraße hatten sich in der Nacht zum vergangenen Freitag mehr als 100 Vietnamesen eine mehrstündige Straßenschlacht mit der Polizei geliefert. Anlaß war eine Razzia gegen illegalen Lebensmittelhandel. Als ein Vietnamese in einem Einsatzwagen der Polizei bewußtlos zusammenbrach, eskalierte die Lage. Vietnamesen sollen Steine und Flaschen auf die Beamten geworfen haben, worauf diese mit einem Tränengas- und Schlagstockeinsatz reagierten. 25 Beamte und sieben Vietnamesen wurden verletzt. Nach Augenzeugenberichten soll der Bewußtlose vor dem Einsatzwagen geschlagen worden sein. Die Polizei erklärte gestern, er habe keine äußeren Verletzungen. Im Krankenhaus sei eine akute Kreislaufschwäche festgestellt worden. Die Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John forderte erneut, die drei großen Vietnamesenwohnheime aufzulösen. win