Frankreich rückt nach rechts

■ Konservative Mehrheiten auf allen Ebenen Präsident Chirac kommt, Premier Balladur geht

Paris (taz) – 14 Jahre nach dem Einzug eines Sozialisten in den Élysée-Palast ist Frankreich am Sonntag wieder konservativ bis auf die Knochen. Der Neogaullist (RPR) Jacques Chirac wurde mit 52,64 Prozent der Stimmen zum fünften Präsidenten der Fünften Republik gewählt; sein Kontrahent, der Sozialist Lionel Jospin, machte 47,30 Prozent. Wider Erwarten hoch war die Wahlbeteiligung, die mit knapp 80 Prozent kaum niedriger als sonst lag. Allerdings gaben knapp zwei Millionen Wähler ungültige Stimmzettel ab und drückten damit ihre Unzufriedenheit über das Kandidatenangebot aus. Unter ihnen befinden sich linke „Protestwähler“, vor allem aber Gefolgsleute des Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen, der für die Stichwahl auf Enthaltung plädiert hatte.

Der neue mächtigste Mann im Staate Frankreich kann sich auf eine Vierfünftelmehrheit in der Nationalversammlung stützen, auf stabile konservative Mehrheiten in der zweiten Kammer, dem Senat, in den Regionen und in den Gemeinden. Die Chancen für eine Realisierung des „RPR- Staates“, den die Gegner Chiracs seit langem beschwören, stehen damit nicht schlecht. Die Regierung seines Parteifreundes Edouard Balladur wird in den nächsten Tagen – wie nach Präsidentschaftswahlen üblich – ihren Rücktritt einreichen. Für die Posten im neuen Kabinett gibt es bereits zahlreiche Bewerber. Aussichtsreichster Premierministerkandidat ist Chiracs wichtigster Wahlkampfbegleiter, der bisherige Außenminister Alain Juppé. Die Schlüsselübergabe für den Élysée-Palast wird ebenfalls nicht lange auf sich warten lassen. Der scheidende François Mitterrand hat bereits angekündigt, daß er einen schnellen Wechsel wünscht. Dorothea Hahn

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