Ein bißchen Gesetzesbruch darf's sein

■ Energieversorger zahlen die Stromeinspeisung nicht mehr / In einem Musterprozeß wollen sie die Gesetze aushebeln

Theoretisch hätte der Kraftwerksbetreiber Manfred Lüttke im April 70.000 Mark bekommen sollen – für den Strom, den sein Wasserkraftwerk in Lörrach produziert und ins Stromnetz eingespeist hat. Doch der regionale Energieversorger, die Kraftübertragungswerke Rheinfelden, kürzte den gesetzlich festgelegten Betrag: Nur 23.000 Mark soll Lüttke vom Stromkonzern bekommen. Ähnlich ging es seinem Kollegen Richard Keil: Ihm strichen die Badenwerke die Einspeisungsvergütung auf etwa dreißig Prozent zusammen.

Die beiden Energieversorger suchen im Moment offenbar gezielt nach einem juristischen Streit, um gegen das ungeliebte Einspeisungsgesetz vorzugehen. Dieses Gesetz aus dem Jahr 1990, damals von allen Parteien im Bundestag getragen, erhöhte die Vergütung auf gut 15 Pfennig für eine Kilowattstunde Strom aus Wind-, Wasserkraft- oder Photovoltaikanlagen. Zuviel, wettern die Energieversorger seit Jahren.

Nun erwarten sie, daß die betroffenen Kraftwerksbetreiber gegen die Kürzung klagen werden. Die beiden bekämen zwar sicher von jedem Zivilgericht recht, einfach weil die Gesetzeslage eindeutig ist. Doch das Urteil wäre dann vor dem Verfassungsgericht anfechtbar – was die Energieversorger sofort versuchen wollen. Denn sie hoffen, daß das Einspeisegesetz dort genauso kassiert wird wie vor kurzem der Kohlepfennig. Lutz Fleischer, Sprecher der Badenwerke, betont, daß man nur einen Musterprozeß führen wolle: „Wir haben auch einen Betreiber ausgewählt, der ein älteres Kraftwerk hat. Denn wir wollten keinen treffen, der in den letzten Jahren große Investitionen vorgenommen hat.“

Die betroffenen Unternehmer halten die Aktion der Energieversorger trotzdem für „kriminell“, so Manfred Lüttke: „Diese Rechtsbrecher meinen offensichtlich, daß sie über dem Gesetz stehen.“ Und Veit Welsch vom Bundesverband der Wasserkraftwerke spricht von einem Skandal: „Es ist völlig inakzeptabel, daß ein herausgehobenes Unternehmen wie die Badenwerke sich einfach über ein Gesetz hinwegsetzt“, wettert er. Letztlich komme es den Energieversorgern auch weniger auf die Vergütung an: „Was die vor allem ärgert, ist, daß die kleinen Kraftwerksbetreiber ihre Monopole stören. Und ihre Politik versucht deshalb, die kleinen Unternehmen vom Markt zu drängen.“ Felix Berth