Grüner muß Landtagskandidatur aufgeben

■ 71jähriger gibt Beteiligung an Exekution eines Spaniers 1944 zu

Bonn (taz) – Wilhelm von Schmeling, Landtagskandidat von Bündnis 90/Die Grünen in Nordrhein-Westfalen, hat seine Kandidatur fünf Tage vor der Wahl aufgegeben. Der 71jährige hatte vor zwei Wochen bei einer Diskussionsveranstaltung in Oberhausen zugegeben, daß er als 20jähriger Oberfähnrich der Marine 1944 in Marseille die Erschießung eines standrechtlich zum Tode verurteilten Spaniers geleitet hatte. Er habe, so erklärte er später in einem Gespräch mit der Welt, dem jungen Mann, der angeblich einen Deutschen angegriffen hatte, „vorschriftsmäßig mit einer Pistole in den Kopf geschossen“.

Erst der Bericht in der gestrigen Welt löste empörte Reaktionen aus. Schmeling begründet jetzt seinen Rückzug damit, daß es im Wahlkampf „keine ausreichende Möglichkeit (gebe), eine solche Verstrickung und ein solches Thema sachlich zu klären“.

Zuvor hatte der Vorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Trittin, es als „beispiellosen Vertrauensbruch“ bezeichnet, daß er den Grünen seine Tat verschwiegen habe. Von Schmeling allerdings sagte, daß von seiner Tat „in Oberhausen jeder wußte, der es wissen wollte“. Er selbst sei inzwischen ein „extremer Pazifist“. Er beruft sich auf den angeblichen Befehlsnotstand, in dem er sich als Soldat befunden hätte. Er habe sich zwar gegen den Befehl der vorgesetzten Offiziere gewehrt, ihn aber ausgeführt, weil er sonst um sein Leben hätte fürchten müssen.

Dieser Auffassung hat sich nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AP auch die Spitzenkandidatin der Grünen für den Düsseldorfer Landtag, Bärbel Höhn, angeschlossen. Höhn, Mitglied in Schmelings Kreisverband Oberhausen: „Wenn er sich damals geweigert hätte, den Befehl auszuführen, hätte das für ihn möglicherweise auch das Todesurteil bedeutet.“ Sie selbst habe von der Exekution nichts gewußt. Parteifreunde seien informiert gewesen, hätten die Sache aber „nicht problematisiert“. Die Teilnahme an der Exekution hat von Schmeling nach seiner Darstellung bereits früher bei Schulveranstaltungen eingestanden.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Duisburg wird ein Verfahren gegen von Schmeling eingeleitet. Andrea Dernbach