Späte Entschädigung

■ Bündnis 90/ Die Grünen fordern Einrichtung einer Stiftung für NS-Opfer

Bonn (taz) – Mit einer Bundesstiftung „Entschädigung für NS- Unrecht“ wollen Bündnis 90/ Die Grünen all denen Gerechtigkeit widerfahren lassen, die Opfer des NS-Regimes waren, aber weder durch das Bundesentschädigungsgesetz von 1956 noch durch später eingerichtete Härtefonds Ausgleichszahlungen bekommen haben. Eine genaue Zahl, wie vielen bisher eine Anerkennung als NS- Opfer verwehrt geblieben ist, gibt es nicht.

In einem Antrag, den die Bündnisgrünen gestern im Bundestag eingebracht haben, fordern sie die Errichtung der Bundesstiftung, mit der Deserteure, Zwangsarbeiter, Zwangssterilisierte, „Euthanasie“- Geschädigte, „asoziale“ Opfer, Homosexuelle, Sinti und Roma sowie Kommunisten als Opfer des Nazi-Regimes anerkannt werden. Sie sollen eine regelmäßige materielle Entschädigung erhalten.

Im Stiftungsrat sollen nach den Vorstellungen der Bündnsigrünen Verfolgtenverbände wie der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, die Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten, der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes vertreten sein. „Gerade auch der Umgang mit den überlebenden Opfern des NS-Regimes ist ein Prüfstein für die politische Kultur in unserem Land“, mahnt der rechtspolitische Sprecher Volker Beck. Auch wenn Bund und Länder schon viel Entschädigung geleistet hätten, ginge es doch um die Frage, ob die Entschädigungspraxis den Opfern „ein Leben in Würde und frei von Armut garantiert“.

NS-Opfer sollen nach Plänen der Bündnisgrünen nicht mehr nur eine Einmalzahlung von bis zu 5.000 Mark bekommen, sondern in den Genuß einer regelmäßigen Rentenzahlung. Dabei sollen in jedem Fall und unabhängig vom Einkommen monatlich 500 Mark gezahlt werden. Zudem eine Ausgleichsrente von bis zu 1.100 Mark. Der Entwurf von Bündnis 90/ Die Grünen ist angelehnt an das Berliner „Gesetz über die Anerkennung und Versorgung der politisch, rassistisch oder religiös Verfolgten des Nationalsozialismus“.

Ziel ist es, daß jeder der mittlerweile alten Menschen, die unter den Nazis gelitten haben, im Monat 2.000 Mark zur Verfügung hat. Beck: „Es ist empörend zu sehen, wie Menschen mit schwerem Verfolgungsschicksal heute auf Sozialhilfe angewiesen sind.“ Karin Nink

Kommentar Seite 10