Trotz Karte oft kein Plan

■ Fahrradkarten für Berlin und Brandenburg haben viele Tücken

Pläne von „Berlin bei Nacht“ oder einen „Stadtplan für Männer“ gibt es schon seit Jahren. RadlerInnen mußten sich da länger gedulden. Bisher gibt es für die Stadt Berlin zwei speziell für RadfahrerInnen konzipierte Pläne, und auch das Umland wird seit der Wende zunehmend mit Fahrradkarten erschlossen.

Der Plan „Berlin für Radfahrer“ des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) entstand auf der Stadtplangrundlage des Verlages Tourist/Kümmerly & Frey. Von diesem wurden bis auf das Straßenbahn- und Busnetz alle Signaturen übernommen. Dadurch sind – beim Maßstab von 1:30.000 – alle Straßennamen aufgeführt. Unter Museen, Schulen und Bezirksgrenzen leidet jedoch die Übersicht.

Wege und Radwege sind nach den Kategorien „brauchbar bis gut“, „mäßig geeignet“ und „gefährlich“ gekennzeichnet. Unterschiedliche Verhältnisse auf zwei Seiten einer Straße sind dem Plan zu entnehmen, darüber hinaus auch das Verkehrsaufkommen. „Hindernisse mit Absteigezwang“ sind ebenso vermerkt wie Einbahnstraßen. Auch Notrufsäulen im Wald und Selbsthilfewerkstätten sind eingezeichnet.

Konkurrenzprodukt ist die „Radkarte Berlin“ aus dem X-Press-Verlag. Mit dem Maßstab 1:40.000 ist sie kompakter – auf Kosten der Straßennamen. Selbst bei eingetragenen Routen fehlt oft der Name, den die RadlerInnen beachten müssen. Genauer als die ADFC-Karte ist die Radkarte allerdings bei der speziellen Darstellung der für Fahrräder zugelassenen Busspuren.

Fahrradgeschäfte, Erste-Hilfe- Tips, Fährpläne und Tourenvorschläge tummeln sich auf der Rückseite des Plans. Fotos zeigen bekannte Sehenswürdigkeiten und unbekannte glückliche RadfahrerInnen im Sonnenschein. Das bunte Netz auf der Karte ist in der Realität oft weniger nett zu erleben. Sabine Goldmann, Lehrerin und langjährige Radfahraktivistin aus Reinickendorf: „Wenn Sie Ganzjahresfahrer sind, spüren Sie, daß der Autoverkehr immer den Vorrang hat.“

Für das zum Radeln attraktivere Umland ist das Angebot breiter gefächert. Viele Serien beschränken sich bisher jedoch auf touristische Regionen wie Spreewald, Fläming oder Schorfheide.

Auf den traditionellen „Kompaß-Wanderkarten“ (Maßstab 1:50.000) sind Radrouten eingetragen. Die Beschreibungen stehen in einem eigenen Heftchen, das durch ein Plastiketui mit dem Plan zusammengehalten wird – handlicher als viele mit Text bedruckte Karten. Ruhiger und damit übersichtlicher wirkt das Kartenbild bei den Ausgaben der „Regio-Cart“, die teils als „Radwanderkarten“, teils als „Rad- und Wanderkarten“ herausgegeben werden. Ebenfalls im Verhältnis 1:50.000 wollen die „Ferien- und Freizeitkarten“ von Tourist/Kümmerly & Frey zeigen, wo es langgeht. Neben den fein sortierten Signaturen für Wanderwege gibt es zwar auch eine für Fahrradverleihstationen. Doch fehlen Hinweise, welche Wege mit den entliehenen – oder sonstigen – Rädern benutzt werden können. Zum Angebot gehören vier Karten, die von Berlin aus in die vier Himmelsrichtungen ausgreifen.

Nach demselben System decken die Karten „Radwandern und Radtouren“ des Stadt-und-Land- Verlags das Umland ab. Hier beträgt der Maßstab 1:80.000. Die gedrängtere Darstellung wird ausgeglichen durch eindringlich gemalte Höhenstufen und eine spezielle Kennzeichnung der fahrradgeeigneten Strecken. Wegebelag und Autoverkehr werden dabei getrennt bewertet.

Für noch weitere Strecken eignet sich die ADFC-Radtourenkarte „Berlin und Umgebung“. Auf der Grundlage der amtlichen topographischen Karte umfaßt sie – im Maßstab 1:100.000 – ein Gebiet, das von Oranienburg bis Jüterborg, von Paulinenaue bei Nauen bis Prötzel bei Wriezen reicht. Auch hier sind Straßen und Wege nach ihrer Tauglichkeit für RadfahrerInnen verschieden eingefärbt. Auf der Rückseite findet sich ein – nicht sehr genauer – Plan von Berlin, dessen Markierungen „Hinweise auf schöne Routen“ geben sollen.

Eine ähnliche Kombination stellt die ADFC-Regionalkarte „Potsdam und Umgebung“ dar. Im Maßstab 1:75.000 zeigt auch sie, wie empfehlenswert welcher Weg ist. Die Rückseite enthält einen Stadtplan von Potsdam, der sich allerdings mit der Eintragung von Routen begnügt. Der Respekt vor der Ordnung in der Preußenresidenz wird großgeschrieben: Die Strecke durch den Neuen Garten, am Schloß Cecilienhof vorbei, ist als „Schiebestrecke“ eingezeichnet. Mit zusätzlichen Texten versehen, gehört auch dieses umständlich geknickte Werk nicht zu den handlichsten.

Ein gesamtdeutsches Kartennetzwerk im Baukastenprinzip bietet die offizielle ADFC-Radtourenkarte im Maßstab 1:150.000, die auf der „Deutschen Generalkarte“ basiert. Das Blatt 8 „Havelland/Magdeburger Börde“ etwa reicht von Marienborn bis Potsdam. Zusätzlich gibt es eine Sonderversion mit Berlin im Mittelpunkt. Kleinere Wege bleiben bei dieser Größenordnung auf der Strecke. Entsprechend verstehen sich die eingetragenen Verbindungen als „Radfernwege“.

Das nahe Polen ist auf Radwanderkarten bisher nicht erschlossen. Wer dort radeln will, kann auf „Radtouren östlich der Oder“ von Jörg Lüderitz zurückgreifen. Der Fahrradführer enthält 21 Tourenvorschläge mit Kartenskizzen.

Auch in Berlin und Brandenburg ergänzen viele Radwanderbüchlein das Kartenangebot. In „Die schönsten Radwanderungen durch die Mark Brandenburg“ gibt Axel von Blomberg einen Rat, der auch über Unzulänglichkeiten im Kartenangebot hinweghelfen kann: „Kopieren Sie sich die Kartenskizzen des Buchs vor der Fahrt leicht vergrößert, oder übertragen Sie die Strecken auf die Radtourenkarten mit einem Textmarker.“ Matthias Fink