Privatstrom ins Netz

■ Das örtliche Atomstromnetz läßt sich durch Betreibergemeinschaften friedlich übernehmen

Wenn sich die Umweltprofis – ohne Geld – mit energietechnischen Laien – mit Geld – zusammentun, dann kann für unser Klima etwas Sinnvolles dabei herauskommen: saubere Energie aus Wind, Wasserkraft und Sonne. Auf der einen Seite stehen Umweltschützer, Bürgerinitiativen und Vereine, die schon lange an den Alternativen zu Kohle- und Atomkraftwerken arbeiten. Auf der anderen Seite gibt es privates Kapital im Besitz von Menschen, die diese Entwicklung sehr wohlwollend verfolgen.

Deshalb kann die Investition in erneuerbare Energien finanziell durchaus interessant sein. Der Knackpunkt ist die sogenannte „Einspeisevergütung“: Watt aufs Dach, Strom ins Netz und Geld dafür – die hausgemachte Energie wird an die örtlichen Stadtwerke verkauft – doch zu welchem Preis?

Bei Windstrom reicht der gesetzlich vorgeschriebene Verkaufspreis von mindestens 17 Pfennig pro Kilowattstunde aus, um an Küstenstandorten eine Windkraftanlage wirtschaftlich zu betreiben. Hierbei kann für Investoren auch ein Gewinn abfallen.

Dagegen lohnt sich die Investition in eine Solarstromanlage finanziell nur dann, wenn eine kostendeckende Vergütung von 2 Mark pro Kilowattstunde gezahlt wird. Das ist mittlerweile in vier deutschen Städten der Fall: Freising, Remscheid, Aachen und Hammelburg. In den beiden letztgenannten wurden bereits Betreibergemeinschaften für Solaranlagen gegründet.

Betreibergemeinschaften lassen sich in zwei Gruppen einteilen: die ideell und die wirtschaftlich orientierten. Den rein ökologisch orientierten Anbietern geht es oft um die Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen an sich. Der Gewinn aus dem Stromerlös ist dabei eher symbolischer Natur. Der Verein „Solar Energie Werk Erlangen“ beispielsweise verkauft Anteilsscheine für Solarkraftwerke schon ab fünf Watt. Damit läßt sich der Strom für eine Stunde Radiomusik pro Tag erzeugen. „Auf diese Weise kann auch Ihr Haushaltsgerät zum Solarhaushaltsgerät werden“, wirbt das Energie Werk. Eine Auszahlung etwaiger Überschüsse findet nicht statt, da der geringe Erlös aus dem Stromverkauf bereits durch die Öffentlichkeitsarbeit aufgebraucht wird oder direkt in neue Solaranlagen fließt.

„Kein Gewinn“ ist aber nicht automatisch ein Synomym für „ökologisch sinnvoll“. Mit dem irreführenden Slogan „Gemeinsam für die Umwelt“ hat das Bayernwerk, einer der größten Betreiber von Atomkraftwerken in Deutschland, für eine überdurchschnittlich teure Solarstromanlage viel Geld gesammelt. Doch statt den „natürlichen Lebensraum“ einer Solaranlage – die bereits überall vorhandenen Dachflächen – zu nutzen, wurde die Bayernwerk-Anlage auf die grüne Wiese gesetzt. Die „Bürger für Solarstrom“ – so der Projektname – finanzieren damit die Argumente des Bayernwerks gegen Solarenergie: Erstens sei sie zu teuer, zweitens verbrauche sie große Teile der Landschaft. Selbstverständlich zahlt das Bayernwerk keine kostendeckende Vergütung für Solarstrom.

Auf der anderen Seite gibt es die Betreibergemeinschaften, die gewinnorientiert arbeiten. Auf diese Weise wurde der Windenergie in Deutschland zum Durchbruch verholfen. Leider gibt es auch hier dunkelgraue Schafe. Da wären einmal die „genialen“ Betreibergesellschaften, die durch finanztechnische, gleichwohl legale Kniffe aus einem achtprozentigen Reinertrag der Windkraftanlagen hohe Renditen bis zu 20 Prozent basteln.

Dies ist meist mit einem höheren Risiko für den Anleger verbunden, was diesem aber oft kaum bewußt ist. Der finanztechnische Trick besteht in der Verlustzuweisung an die Anteilseigner, die diesen dann von der Steuer absetzen können. Diese Gesellschaften sind auf Spitzensteuersätze zugeschnitten und haben schon an einigen Küstenstandorten den Neid geweckt auf die „auswärtigen Zahnärzte, die das dicke Geld absahnen“.

Noch ein weiteres schwarzes Schaf wartet in der Herde: Betreibergesellschaften, die nicht halten können, was ihre Prospekte versprechen. Ein seriöses Angebot erkennt man an den Unterlagen und Prospekten, in denen die Investitionskosten und die zu erwartenden Gewinne ausführlich dargelegt werden müssen. Dazu gehört auch, daß die Hersteller der Anlagen die Standorte, Baugenehmigungen (bei Solarstromanlagen entfällt dieser Punkt), Zeitplan und Umfang konkret nennen müssen. Vor allem sollte man nicht auf Allgemeinplätze hereinfallen und dubiosen Versprechungen glauben, sonst kann es passieren, daß man in Phantasieprojekte investiert und das Geld verloren ist.

Sind die Investitionskosten überprüft, muß als zweite wichtige Größe der Energieertrag nachgerechnet werden. Erst wenn auch dieser realistisch erscheint, sollte sich der Geldanleger mit dem Umweltprofi zusammentun.

Für diejenigen, die selbst eine Betreibergesellschaft gründen wollen, sind im wesentlichen drei Gesellschaftsformen interessant: die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), nur zu empfehlen als „GbR mbH“, also mit beschränkter Haftung, dann die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie die GmbH und Co. KG. Welche Gesellschaftsform die geeignete ist, hängt vom Umfang des Vorhabens ab.

Die GbR mbH läßt sich ohne Hilfe eines Notars gründen. Der Gesellschaftervertrag kann von einem Juristen oder Steuerberater ausgefertigt werden. Die Buchführung ist vergleichsweise simpel. Nachteil: Die im Vertrag festgelegte Haftungsbegrenzung kann Geschäftspartner abschrecken, die eine höhere Haftungssumme wünschen.

Die Gründung einer GmbH muß von einem Notar durchgeführt werden, der sich dies mit 2.000 bis 3.000 Mark bezahlen läßt. Die Buchführung ist aufwendiger als bei der GbR. Zur Gründung ist ein Mindestkapital von 50.000 Mark notwendig. Die Haftung ist nur auf dieses Gesellschaftskapital beschränkt.

Beliebt bei Personen der höheren Steuerklassen sind Gesellschaftsformen, bei denen eine steuerlich wirksame Verlustzuweisung möglich ist. Wer an dieses „Zahnarztkapital“ möchte, wird eine GmbH & Co. KG gründen.

Ist die Gesellschaftsform gewählt, geht es ans Geldsammeln. Hierbei kann man ruhig auf die Hilfe von Profis zurückgreifen und in Zusammenarbeit mit einer Bank einen Fonds aufmachen. Zum Beispiel die „Solarstrom Betreibergesellschaft mbH“ in Aachen: Hier übernimmt die Bochumer Gemeinschaftsbank den Verkauf der Anteilsscheine.

Beispiel Dreiländereck: Zwei belgische, eine luxemburgische und zwei deutsche Umweltgruppen haben sich zusammengeschlossen, um länderübergreifend Windkraftanlagen zu bauen.

Beispiel Hammelburg: Nachdem hier die kostendeckende Vergütung für Solarstrom eingeführt worden ist, gründete Hans-Josef Fell Mitte 1994 die „Solarstrom GbR mbH“, um den Bau von Solaranlagen zu beschleunigen. Kurz vor Ostern konnte der örtliche Pastor bereits die vierte Anlage einweihen. Die fünfte ist ebenfalls schon fast vollständig finanziert.

Beispiel Schönau: Diese kleine Schwarzwaldgemeinde stellt alle anderen Initiativen in den Schatten. Statt sich mit ein oder zwei Windkraftanlagen zu begnügen, will die „Netzkauf Schönau GbR“ dem örtlichen Strom-Monopolisten das komplette Stromnetz abkaufen. Noch in diesem Jahr soll die letzte Kilowattstunde Atomstrom durch das Schönauer Netz geflossen sein. Die Stromerzeuger in eigener Verantwortung werden dann mit Sicherheit andere Prioritäten bei der Erzeugung dieser Energie setzen. Anne Kreutzmann