Steuern sparen mit der Sonne

■ Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbarer Energie lassen sich auch als Gewerbe anmelden / Finanzämter müssen allerdings mitunter erst überzeugt werden

„Wenn Sie Strom verkaufen, müssen Sie ein Gewerbe anmelden“, erfuhr Claudius Ortmann, Betreiber einer Solarstromanlage in Viersen. Diese Idee nahm er gerne auf. Ein Hobby läßt sich schließlich nicht von der Steuer absetzen, wohl aber die gewerbliche Stromerzeugung – unabhängig davon, welche der erneuerbaren Energiequellen zur Stromproduktion angezapft wird.

Bis Ende 1991 erlaubte es der Paragraph 82a des Einkommenssteuergesetzes, Investitionen in die Nutzung erneuerbarer Energien steuerlich geltend zu machen. Doch diesen Paragraphen, damals zur Förderung dieser Energien eingeführt, gibt es nicht mehr. Damit ist der Weg, eine Solarstromanlage von der Steuer abzusetzen, zwar etwas aufwendiger geworden, aber keinesfalls unmöglich.

Werden Wind- oder Wasserkraftanlagen ohnehin meist von Gesellschaften oder Firmen betrieben, die bereits ein Gewerbe angemeldet haben, befindet sich eine Solarstromanlage aufgrund der vergleichsweise geringen Investitionskosten meist in den Händen von Privatpersonen. Was sind schon 20.000 Mark für eine 1-kW- Photovoltaikanlage im Vergleich zu einer Million für eine 500-kW- Windkraftanlage? Aber die Million sieht der Windmüller wieder, wenn er einen guten Standort wählt, die 20.000 Mark kann der Solarstromer zu 90 Prozent vergessen. Es handelt sich bei den meisten Betreibern von Solarstromanlagen also vermutlich um Idealisten, Masochisten oder beides. Und wer 90 Prozent Verlust akzeptiert, der akzeptiert auch 15 Prozent Mehrwertsteuer.

Wenn die Solarenergie eine ernsthafte Rolle im Energiemix übernehmen soll, reichen die Idealisten nicht aus. Doch die Realisten rechnen – zu Recht. Durch Rückerstattung der Mehrwertsteuer kann eine Anlage auch finanziell attraktiver werden. In Städten, in denen bereits eine kostendeckende Einspeisevergütung für Solarstrom gezahlt wird, macht erst die zurückgezahlte Mehrwertsteuer die Vergütung auch wirklich kostendeckend; denn die Stromtarifaufsicht in Nordrhein-Westfalen hat bei der Berechnung der Einspeisevergütung von 2 Mark pro Kilowattstunde die Investitionskosten des Solarkraftwerkes netto angenommen, ganz wie es in der Energiewirtschaft üblich ist.

Die Anmeldung eines Gewerbes verläuft völlig undramatisch und ist normalerweise mit einem einmaligen Besuch beim Gewerbeaufsichtsamt erledigt, sofern man seinen Paß und etwa 30 Mark für die Gebühren in der Tasche hat. Das Ausfüllen des doppelseitigen Formulares dauert etwa zehn Minuten, Unterschrift drunter, fertig.

Leider erfährt der zukünftige Gewerbetreibende nicht bei jedem Gewerbeaufsichtsamt von allen neuen Rechten und Pflichten. Der Papierkrieg mit dem Finanzamt umfaßt nun neben der jährlichen Einkommens- auch noch eine Umsatzsteuererklärung.

Beim erstmaligen Ausfüllen der umfangreichen Formulare ist der zuständige Sachbearbeiter beim Finanzamt jedoch meist behilflich. Und hat man einmal gemerkt, wie wenig tatsächlich nur ausgefüllt werden muß, ist dieser Aufwand sicher die erstattete Mehrwertsteuer wert.

Etwas anders sieht es für diejenigen aus, die sich irgendwann selbständig machen und dafür öffentliche Kredite oder Sicherheiten in Anspruch nehmen wollen. Da mit der Solarstromanlage bereits ein selbständiger Betrieb angemeldet ist, kann dann dieser Anspruch auf öffentliche Förderung verfallen. Auch bei etwaigen Haustürgeschäften hat ein Vollkaufmann nicht die gleichen Rechte wie ein „Normalbürger“. Dem Vollkaufmann traut der Gesetzgeber zu, Kaufverträge grundsätzlich einschätzen zu können, von denen ein Unbedarfter binnen einer Frist noch zurücktreten kann.

Die Vorteile: Ein Gewerbetreibender bekommt die beim Kauf der Anlage gezahlte Mehrwertsteuer zurück. Claudius Ortmann rechnet dies für seine Anlage vor: „Die 4,5-kW-Anlage hat 95.000 Mark gekostet. Das heißt, daß mir das Finanzamt die 15 Prozent Mehrwertsteuer von gut 14.000 Mark erstattet hat.“ Weiterhin kann die Anlage, die nun als Produktionswerkzeug gilt, über einen Zeitraum von zehn Jahren mit jeweils 10 Prozent pro Jahr abgeschrieben werden. Da der Abschreibung (Verlust) meist nur ein kleiner Ertrag aus dem Stromverkauf (Gewinn) gegenübersteht, kann dies erheblich zur Minderung der Steuerschuld beitragen. Die Höhe der Ersparnis hängt vom Steuersatz ab. Natürlich können auch alle anderen Kosten in der Umsatzsteuererklärung geltend gemacht werden, die in direktem Zusammenhang mit der Stromerzeugung stehen.

Das Gewerbeaufsichtsamt teilt die Gewerbeanmeldung automatisch der Industrie- und Handelskammer mit – bei der dann für eine Mitgliedschaft zwangsweise 90 Mark im Jahr fällig werden –, desweiteren allen möglichen und unmöglichen Werbeorganisationen und Anschriftenmaklern, sofern die Verbreitung der Daten nicht ausdrücklich untersagt wird, und natürlich dem Finanzamt.

„Normalerweise dürften keine Schwierigkeiten zu erwarten sein“, schätzt beispielsweise das Finanzamt Aachen die Situation ein. Das Amt kann die Anerkennung der geplanten Aktivitäten als Gewerbe aber auch verweigern und schlimmstenfalls nach einigen Jahren steuerliche Abzüge zurückfordern. Auch muß dann die Mehrwertsteuer nachgezahlt werden. Das Finanzamt ist in einem solchen Fall zu der Überzeugung gelangt, daß es sich eher um ein Hobby als um ein ernstzunehmendes Gewerbe handelt.

Unter einer gewerblichen Tätigkeit versteht das Finanzamt eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht. Nachhaltig bedeutet, daß ein Geschäft nicht nur einmal getätigt werden soll, wie zum Beispiel der Verkauf des alten Autos, sondern kontinuierlich erfolgt. Bei der Solarstromerzeugung ist dies sicher kein Diskussionspunkt. Ganz anders sieht es aus mit der Gewinnerzielungsabsicht. Beispiel Viersen: hier machte das Finanzamt Solaranlagenbetreiber Ortmann plötzlich Schwierigkeiten. „Da ich im ersten Jahr keinen Gewinn vorweisen konnte, wollte mir das Finanzamt das Gewerbe im nachhinein wieder aberkennen“, erzählt Ortmann. Und dann ging die Diskussion mit dem Finanzamt erst richtig los. Ortmann bestand darauf, daß er sehr wohl eine Gewinnerzielungsabsicht habe. Seine Argumentation: Sobald in Viersen kostendeckende Einspeisevergütung gezahlt würde, wäre es prinzipiell möglich, mit einer Solarstromanlage einen Gewinn zu erzielen. Doch dann wurde der Antrag auf kostendeckende Vergütung vorläufig abgelehnt. Schließlich einigte sich Ortmann mit dem Finanzamt: Heute vermarktet Ortmann seine PV-Anlage durch gebührenpflichtige Vorführungen für Firmen und Handwerksbetriebe. Die jährlich eingenommene Summe ist dabei höher als die Abschreibungssumme und rechtfertigt so der PV-Anlage ihr gewerbliches Dasein. „Allerdings haben die Finanzämter Ermessensspielräume“, betont Ortmann. Er rät, dem Finanzbeamten von vornherein zu erklären, warum man in den ersten Jahren Verluste machen wird. „Es ist durchaus zulässig und meist auch normal, daß zu Beginn einer gewerblichen Tätigkeit kein Gewinn erzielt wird“, bestätigt das Aachener Finanzamt. Hier sieht man keine Probleme bei der gewerblichen Solarstromerzeugung – selbst dann nicht, wenn es keine kostendeckende Vergütung gäbe. Auch in Städten, in denen wie in Viersen nur die gesetzlich vorgeschriebenen 17 Pfennig pro Kilowattstunde gezahlt werden, läßt sich argumentieren, man rechne für die Zukunft mit einer höheren Einspeisevergütung. Der Gewinn werde sich dann schon einstellen. Anne Kreutzmann