Mit dem Hang zum Germanenkult

■ Neonazi Arnulf Priem vor Gericht / Verstöße gegen das Waffengesetz / Rita Süssmuth als „Demokröte“ beschimpft

In Berlin steht ab Dienstag einer der führenden Köpfe der Neonazi- Szene, der 47jährige Arnulf Priem, vor Gericht. Dem militanten Rechtsextremisten, der bis zu seiner Festnahme im vergangenen Jahr Kontakte zu gleichgesinnten Radikalen im Bundesgebiet unterhielt, werden zahlreiche Propagandadelikte, die Bildung bewaffneter Haufen und Verstöße gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz zur Last gelegt.

Priem war Berliner Landesvorsitzender der mittlerweile verbotenen Neonazi-Organisation „Deutsche Alternative“ (DA), beteiligte sich an Aufmärschen zu Hitlers Geburtstag und betrieb einen extremen Germanenkult, dem auch sein Auftreten entsprach: Vor den „Kameraden“ präsentierte er sich am liebsten in langen (Fett-)Haaren und in voller Ledermontur.

Der vom Verfassungsschutz als militant eingestufte Priem gründete nach Erkenntnissen der Behörde 1980 den „Asgard-Bund“, der sich als „Gemeinschaft heidnisch-germanischer Weltanschauung“ versteht. Über diese Organisation gab er den kommerziell offenbar erfolgreichen Kalender „Nordisch-Germanischer Jahrweiser“ heraus und vertrieb neonazistische Videofilme.

Die 1987 als „Jugendgruppe des Asgard-Bundes“ hervorgetretene Organisation „Wotans Volk“ unterhielt unter Priems Führung Kontakt zu ostdeutschen Gesinnungsgenossen. 1992 übernahm er nach Erkenntnissen der Berliner Verfassungsschützer die Führung des dortigen Landesverbandes der verbotenen DA.

Der DA hielt Priem offenbar auch nach dem Verbot der Organisation im Dezember 1992 die Treue. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Neonazi-Führer vor, noch 1993 auf einem Parteitag der DA die Ausschreitungen von Hoyerswerda als „Prozeß der Selbstreinigung“ bezeichnet zu haben. Bei dem Treffen soll er außerdem von einem Brandanschlag auf den Bundestag gesprochen und Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) sowie den Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker als „Demokröten“ beschimpft haben.

In die Schlagzeilen geriet Priem auch im Zusammenhang mit den Briefbombenattentaten auf österreichische Politiker Ende 1993. Presseberichten zufolge soll er sich zum Zeitpunkt der Attentate in der Alpenrepublik aufgehalten haben. Das bestätigte sich im Zuge der Ermittlungen zwar nicht, doch räumte Priem in Zeitungsinterviews damals freimütig Kontakte zu den österreichischen Gesinnungsgenossen von der „Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition“ ein.

Zum Verhängnis wurde Priem ein Treffen mit Gesinnungsgenossen in seiner Wohnung am 13. August 1994. Damals versammelten sich 25 Neonazis in seiner Wohnung, um die Teilnehmer einer linksgerichteten Gegendemonstration zu den Aufmärschen am Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß zu attackieren. In der Wohnung soll Priem Gewehre, Munition und Molotowcocktails für die Attacke auf seine politischen Gegner bereitgehalten haben.

Aufgrund von Informationen der Demonstranten kam die Polizei den Neonazis auf die Spur und nahm Priem am 13. August 1994 in seiner Wohnung fest. Der Neonazi soll möglicherweise damals selbst von einem Fenster aus auf Demonstranten geschossen haben. AFP/taz