„Die Razzien sind dann immer erfolgreich“

■ Barbara John (CDU) zur Lebenssituation von VietnamesInnen in den Wohnheimen / Arwobau verlangt 28 Mark Miete pro Quadratmeter / Bewohner wollen mehr Schutz

Wenn Ende der Woche in Berlin die Innenminister des Bundes und der Länder zusammenkommen, wird das Thema Abschiebung die Tagesordnung bestimmen. Berlin selbst ist derzeit besonders darauf erpicht, einen Großteil der in der Stadt lebenden VietnamesInnen nach Hause zu schicken. So forderte Senatssprecher Michael Butz nach den Todesschüssen vor den Wohnheimen in der Lichtenberger Rhinstraße eine schnellstmögliche Abschiebung straffällig gewordener VietnamesInnen. Ein Teil der sogenannten Vietnamesen-Kriminalität Berlins ist hausgemacht, begünstigt durch die Unterbringung ehemaliger vietnamesischer VertragsarbeiterInnen und Asylsuchenden in drei Wohnheimkomplexen im Osten der Stadt. Die taz sprach dazu mit Berlins Ausländerbeauftragter Barbara John (CDU).

taz: Nicht erst seit gestern fordern Sie eine Beendigung der ghettoähnlichen Zustände in den Wohnheimen der ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter. Innensenator Heckelmann und die CDU- Fraktion sperren sich jedoch gegen eine Auflösung. Weshalb?

Barbara John: Die Heime sind seit längerer Zeit Basis und Umschlagplatz für den illegalen Zigarettenhandel. Hier existiert die aufgebaute Infrastruktur für diese Mafia, hier ist sie am einfachsten zu kontrollieren. Das Leben der Bewohner wird von diesen Kriminellen zunehmend mit brutaler Gewalt geregelt. Ich kann nur wiederholen, was Herr Staatssekretär Böse in der Ausländerausschußsitzung sinngemäß gesagt hat. Unter polizeitaktischen Gesichtspunkten ist die Konzentration der Straftäter in drei Häusern wünschenswert. Die Razzien sind dann immer erfolgreich. Aus seiner Sicht mag das auch stimmen, für mich hat jedoch der Schutz des Lebens Priorität. Die Heime sind vollkommen überbelegt. Viermal mehr als die gemeldeten Mieter, das führt nicht nur zu unerträglichen hygienischen Belastungen.

Doch gerade die Tatsache der Überbelegung hat sich ja über Jahre hinweg zugespitzt. Die Betreiberin, die Arwobau, verlangte bereits unmittelbar nach der Wende horrende Mieten. Blieb den in der Regel arbeitslos gewordenen VertragsarbeiterInnen anderes übrig, als unterzuvermieten?

Die Arwobau kann sich darauf berufen, Gewerbevermieter zu sein. Praktisch ein Unterbringungsgewerbe, das eine Vermietung an Gäste betreibt. Sie erklärte uns gegenüber, daß sie die Häuser mit Millionen Mark Verlust betreibe, dennoch würden die Mieten nicht erhöht. Jetzt liegen die Quadratmeterpreise wohl bei 28 Mark. Da sich immer zwei Leute einen Raum von zehn, zwölf Quadratmetern teilen, ist dies erschwinglich. Auch Wohngeld und Sozialhilfe sind zu bekommen. Von finanzieller Ausweglosigkeit kann also nicht die Rede sein.

Dennoch verwundert, daß obwohl im Aufsichtsrat der Arwobau Vertreter von Senatsverwaltungen sitzen, nicht gezielter Einfluß auf die Lebensbedingungen dort genommen wird.

Wir haben am Runden Tisch die Probleme angesprochen, mehr als einmal. Wir haben natürlich gefragt, weshalb die Mieten so hoch sind. Es wurde uns gesagt, weil die Strom- und Wasserkosten so hoch sind. Wir haben gefragt, ja warum lassen sie denn eine derartige Überbelegung der Heime zu? Weiter ist es bisher nicht gekommen. Die Arwobau ist eine Gesellschaft, die sich selber tragen muß. Jetzt sollte dort neu nachgedacht werden. Die Bewohner wollen mehr Schutz. Es ist ihnen klar geworden, daß es jeden treffen kann. Sie stimmen gegen die Überbelegung bereits mit den Füßen ab, indem sie ausziehen. Interview: Kathi Seefeld