Gewinne und Sorgen bei RWE

Konzern sorgt sich um grünen Widerstand gegen Braunkohlentagebau Garzweiler II/ Direkte Endlagerung bringt Gewinn  ■ Aus Essen Klaus-Peter Klingelschmitt

Endlagern erhöht den Profit. Die stabile Ertragslage der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) im Energiebereich wird nach Angaben ihres Vorstandsvorsitzenden Dietmar Kuhnt auch durch die „fallende Tendenz bei wichtigen Betriebsaufwendungen“ garantiert. Und zu dieser fallenden Tendenz bei den Betriebsaufwendungen, so Kuhnt auf der traditionellen Frühjahrspressekonferenz des Energieriesen gestern in Essen, trage der Abbau von Rückstellungen für die Entsorgung des Atommülls aus RWEs Atomkraftwerken bei. Der Grund – RWE ist von der Wiederaufbereitung auf die kostengünstigere direkte Endlagerung übergegangen, sagte Kuhnt.

Und RWE will weiter Kosten abbauen. Vorstand Werner Hlubek und Kuhnt sagten, daß RWE die Ausstiegsklausel im Wiederaufbereitungsvertrag mit der BNFL (British Nuclear Fuel) für das AKW Gundremmingen bereits genutzt habe. Mit dem französischen Partner Cogema (La Hague) sei der Konzern „im Gespräch“. Doch aus den sogenannten Altverträgen mit den Wiederaufbereitern im Ausland, so Kuhnt, könne sich der Konzern nicht verabschieden. RWE ist grundsätzlich auch bereit, MOX- Brennelemente aus Uran und Plutonium aus russischen Atomsprengköpfen in den für den Einsatz von MOX genehmigten Reaktoren zum Einsatz kommen zu lassen. Allerdings, so Hlubek, sei die Branche zur Zeit nicht einmal in der Lage, das „eigene“ Plutonium aus der Wiederaufbereitung in Deutschland in MOX-Brennelemente einarbeiten zu lassen.

Obleich sich die von Kuhnt vorgestellte Konzernbilanz durchaus sehen lassen kann (Konzern-Außenumsatz plus 15,6 Prozent), zeichneten sich schon vor der Presekonferenz beim Frühstück im Casino der Konzernzentrale tiefe Sorgenfalten auf den blassen Gesichtern der Vorstandsmitglieder ab: Die Bündnisgrünen in NRW werden (wahrscheinlich) Regierungspartei.

Sorgenfalten wegen Bündnisgrünen

Da blieb kaum ein Auge trocken. Und so mancher Spitzenmanager verfluchte zwischen Lachsbrötchen und Krabbensalat sich selbst, weil er am Sonntag bei der Wahl wieder einmal (pflichtgemäß) FDP gewählt hatte – und nicht Johannes Rau. Kuhnt baute denn auch vor allem für sein gigantisches Braunkohlen-Tageabbauwerk Garzweiler II ordentlich vor: Alles sei längst in Gesetze gegossen und beschlossen worden, machte Kuhnt sich selbst und seinen Vorstandskollegen Mut. Und daran könnten auch die Grünen nichts mehr ändern. Selbst wenn die Bündnisgrünen – wie der Spitzenkandidat am Wahlkampfabend drohte – Koalitionsverhandlungen mit dem Schlagbohrhammer zu führen gedenken? Auch daß die Grünen beim Landesverfassungsgericht Organklage gegen das landschaftszerstörerische Großprojekt eingereicht haben, schreckte Kuhnt nicht: „Diese Klage hat keinerlei Aussicht auf Erfolg.“

Die Strategie der Arrondierung aller Geschäftsbereiche, mit der sich RWE auf der sicheren Seite befinde, werde in einem Geschäftsbereich allerdings durchbrochen. In den Telekommunikationsmarkt, dessen Volumen Kuhnt für das Jahr 2000 allein für den Bereich Dienstleistungen auf 100 Milliarden Mark schätzte, will RWE mit seinen Tochtergesellschaften und über internationale Beteiligungen massiv eindringen. Das sei eine „weitreichende unternehmerische Zukunftsaufgabe“, sagte Kuhnt. Und deshalb richte sich das Engagement von RWE auf ein flächendeckendes Angebot im integrierten Sprach-, Daten- und Mehrwertdienstbereich, inklusive der zugehörigen Infrastruktur bis hin zum Endkunden.

Daß die Müllverbrennung eher der Vergangenheit zuzuorden ist, mußte RWE dagegen schmerzhaft konstatieren. Im ohnehin verlustbringenden Konzernbereich Entsorgung avancierte die American Nukem zum Sorgenkind. Geschäftsfelder mußten aufgegeben werden. Und Kuhnt sprach gar das böse Wort von der „Desinvestition“ – vulgo Ausstieg – aus.