Rupert Murdoch will Berlusconis Fernsehen

■ Australiens Medien-Tycoon lanciert Offerten für Berlusconis Privatfernsehen – und schwächt damit seinen italienischen Tycoon-Kollegen vor den Wahlen

Rom (taz) – Zuerst sah es aus, als schwelle dem lange Gebeutelten vor Stolz der Kamm: Aus Australien sei, so raunten die Wirtschaftsblätter, ein hocherfreuliches Angebot vom dortigen Medienzaren Rupert Murdock an seinen italienischen Kollegen Silvio Berlusconi ergangen, um dessen drei landesweit ausstrahlende Sender Italia 1, Retequattro und Canale 5 zu kaufen: 4.700 Milliarden Lire, umgerechnet etwa vier Milliarden Mark für 51 Prozent der Senderketten. „Da seht ihr, was dieses Imperium wert ist“, ließen sich die Paladine des Mailänder Großunternehmers vernehmen, „von wegen Pleite!“ Tatsächlich hatten böse Rechner seit Jahr und Tag beim Nachrechnen der Eingänge und Ausgaben der Berlusconi-Holding Fininvest (die sich beharrlich weigert, ihre Bilanzen zu veröffentlichen, und daher bislang auch nicht an die Börse durfte) eine Lage ziemlich nahe am Konkurs ermittelt – gute vier bis fünf Milliarden Verbindlichkeiten bei einem Jahresumsatz von sieben bis acht Milliarden Mark.

Mit einem so feinen Angebot eines hartgesottenen Finanzfuchses wie Murdock aber läßt sich trefflich „belegen“, wie gesund die Fininvest doch im Grunde sein muß.

Die Sache hatte freilich einen Haken – Murdock ließ sofort dementieren: Man sei zwar im Gespräch und an einem Kauf interessiert, so der Verleger in der ihm gehörenden Londoner Times, aber die angegebene Summe sei deutlich übertrieben. Allenfalls zwischen 2,8 und 3 Milliarden Mark könne man sich vorstellen, und auch das erst nach Einsicht in die Bücher. Seither herrscht in Arcore, Berlusconis Stammsitz, wieder tristes Vor-sich-hin-Brüten. Denn nun entwickelt sich ein Effekt, den Berlusconis ganz und gar nicht vorhergesehen hatte: Just vor den für den 11. Juni vorgesehenen Volksentscheiden über die Neuregelung der Medienwelt (mit dem Ziel einer Einschränkung der Zahl für einen Privatunternehmer zulässiger Kanäle auf weniger als drei sowie der Zahl der Werbe-Unterbrechungen bei Spielfilmen auf maximal eine) schwächt Murdocks Angebot die Position des Privatfernsehen enorm – und Pessimisten in der Mailänder Crew vermuten gar, Murdock habe genau dies im Sinn: „Der will ein Schnäppchen machen“, meint ein hoher Manager der Fininvest.

Berlusconi hatte den Volksentscheid bisher mit einer raffinierten Strategie offenhalten können: Seine Kanäle seien ein „genuin italienisches Gewächs“, ja ein „Bestandteil italienischer Kultur“, und das würde man doch zerstören, würde man durch ein Ja zum Referendum den erfolgreichen Medienherrscher Berlusconi in die Knie zwingen. Noch am Donnerstag hatte Berlusconi eine entsprechende Rede gehalten. Den in den Medien auch als Kaufinteressenten Genannten Leo Kirch und Time Warner geht es dem Vernehmen nach nur um Minderheitsbeteiligungen an Berlusconis Fernsehreich.

Doch dann kam Murdock – und die Berlusconi-Gegner nutzen nun weidlich das Gegenargument: Mag ja sein, daß die drei Kanäle bisher italienisches Denken und Fühlen zeigen, aber wenn alles nun an Murdock geht? Gerade dafür müsse man den Höchstbesitz deutlich einschränken und mithin das Referendum bejahen.

In ihrer Not haben Berlusconis Mannen nun eine neue Version ausbaldowert: Natürlich werde Berlusconi nicht verkaufen und damit Italiens Fernsehkultur verteidigen – freilich nur, wenn man ihm seine drei Kanäle läßt, das heißt, wenn man das Referendum zu Fall bringt.

Das aber bringt neue Komplikationen mit sich: Erstens glauben ihm derlei Versprechen immer weniger Bürger, kennen sie doch die Hohlheit früherer Ankündigungen in Wahlkampfzeiten zur Genüge. Und zweitens: Will er sich im Herbst bei den vorgezogenen Neuwahlen erneut als Kandidat fürs Amt des Regierungschefs präsentieren, werden ihn sogar seine Koalitionspartner, wenn sie nicht alle Chancen verspielen möchten, zu einer klaren Trennung von Vermögen und Politik zwingen, und das kann eben nur Verkauf bedeuten. Werner Raith