Gelbe Karte für SPD, Aus für FDP

■ Infas-Wahlanalyse erklärt Bündnisgrüne zu Siegern

Bonn (dpa) – Schmerzlich für die Bonner Koalition: Der Juniorpartner FDP wurde von den Wählern am Rhein wie an der Weser vom Platz gestellt. Obwohl die FDP sowohl in der Hansestadt als auch in Düsseldorf als Funktionspartei Zünglein an der Waage hätte sein können – ohne Zweitstimmenwahlrecht scheint die FDP immer weniger lebensfähig. Diese Rolle nehmen nun in beiden Ländern die Grünen wahr, die mehr und mehr in linksliberale Wählerschichten vordringen und somit den Platz der alten FDP besetzen.

Auch in Bremen hat Wählerfrust im Nichtwählen ein Ventil gefunden. Die schon seit langem andauernde Mobilisierungsschwäche der Parteien hat mit den Resultaten im größten Bundesland (64,1 Prozent) eine neue Dimension erreicht. In Bremerhaven lag sie sogar mit gerade über 61 Prozent noch niedriger als in Nordrhein- Westfalen.

Anders als in Hessen wurde die FDP von den Wählern nicht als Hilfstruppe zur Fortsetzung der Regierung Rau gesehen. Die meisten erwarteten Rot allein oder Rot-Grün als die kommende Regierung. Rot-Grün stellt auch in NRW nicht mehr ein Schreckensbild dar. Für gut die Hälfte der BürgerInnen war vor der Wahl klar, daß im Falle eines Mehrheitsverlustes der SPD die Grünen der richtige Partner wären. Die Sozialdemokraten mußten schmerzhaft erfahren, daß die Identifikation von Land und NRW-SPD absolute Mehrheiten noch lange nicht zu einem Selbstläufer macht.

Erhebliche Unterschiede zeigen sich, was das Ausmaß der SPD- Einbußen und der ihnen entsprechenden Grünen-Gewinne angeht. In den Dienstleistungsstädten wie Köln, Aachen oder Münster lagen die Rückgänge der SPD und die Zunahme der Grünen bei rund acht Prozentpunkten. Spitzenreiter ist der Wahlkreis Köln I (Köln- Innenstadt) mit einem Verlust der SPD um 11,5 Prozentpunkte und einem Zuwachs der Grünen um 14,2 Punkte; letztere liegen hier mittlerweile bei 29,8 Prozent und damit noch vor der CDU.

Den Hintergrund des Wahlkampfes in Bremen bildete eine ausgeprägte Unzufriedenheit der BremerInnen mit dem alten Senat. In einer Infas-Vorwahlumfrage stuften nur 14 Prozent die Arbeit ihrer Regierung als „gut“ ein. Im Vordergrund stand dabei das Problem der hohen Verschuldung des Landes, für deren Bekämpfung die Opposition neue Konzepte zur Abstimmung stellte. Zu einem neuen politischen Faktor rückte die AfB (Arbeit für Bremen) auf. Ihr gelang aus dem Stand ein Stimmenanteil von 10,7 Prozent, in Bremen sogar 11,3, in Bremerhaven dagegen nur 7,6 Prozent. Der Stimmenanteil der AfB stellt nach dem erfolgreichen Abschneiden der StattPartei bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg 1993 den zweiten deutlichen Erfolg einer Wählervereinigung auf Landesebene dar. Anders als in Hamburg, wo CDU- interne Streitigkeiten zur Neugründung geführt hatten, war in Bremen die wirtschaftliche Schieflage des Landes der Hebel zum Erfolg. Die Infas-Wanderungsbilanz zeigt, daß zum AfB-Abschneiden Stimmengewinne aus allen Lagern beigetragen haben. Den erheblichsten Anteil haben jedoch 9.500 ehemalige SPD-Wähler geliefert, die jetzt unter den 36.700 WählerInnen der AfB zu finden sind. Ein deutlicheres Profil signalisiert die Verteilung der AfB-Stimmen. Die „Arbeit für Bremen“ fand vor allem große Unterstützung in den gut situierten Wohngebieten. Besonders hoch liegen ihre Stimmenanteile mit knapp 13 Prozent in den Villenvierteln. Dies spiegelt die enge Bindung an das angestammte Milieu der CDU, die dort trotz der neuen Konkurrenz immer noch auf 49 Prozent kam.