Nölle meldet „Führungsanspruch“ an

■ CDU will mit allen sprechen, aber nur mit der SPD koalieren

Zwei Tage nach dem Wahldesaster der SPD hat gestern CDU-Spitzenkandidat Ulrich Nölle seinen „Führungsanspruch“ angemeldet. Er „verkenne“ zwar nicht, daß die SPD noch um 0,8 Prozentpunkte vor der CDU gelandet sei, andererseits aber hätten beide Parteien „gleich viele Abgeordnete, die CDU aber den Wahlsieg“ errungen. Auch die Möglichkeit, das Amt des Präsidenten des Senats zwischen SPD und CDU rotieren zu lassen, schloß Nölle nicht aus. Eine „Bedingung“ für die jetzt erforderlichen Verhandlungen „über Inhalte“ sei die Personalfrage allerdings nicht, ergänzte Nölle.

Der CDU-Landesvorstand hat am Montag abend eine Fünfer-Kommission berufen, die „möglichst schon morgen“, so der Landesvorsitzende Bernd Neumann, die Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen soll. Außer Neumann und Nölle gehören ihr Fraktionschef Peter Kudella, dessen Stellvertreter Reinhard Metz und der Bremerhavener Bundestagsabgeordnete Michael Teiser an.

Die CDU hat gestern alle in der Bürgerschaft vertretenen Gruppierungen zu Gesprächen eingeladen. Bei AfB und Grünen soll es dabei allerdings nicht um das Ausloten einer möglichen Koalition gehen, sondern – wie vor vier Jahren mit FDP und Grünen – um eine Zusammenarbeit bei der Parlamentsreform und auf Beiratsebene. Eine rot-grüne Koalition hält Neumann für „einen Anschlag auf die Existenz Bremens“. Und Nölle ergänzte: „Jetzt muß die Rettung Bremens im Vordergrund stehen. Und das geht nur mit einer stabilen Mehrheit, die ohne CDU nicht möglich ist.“

In den Koalitionsverhandlungen mit der SPD erwartet Nölle Schwierigkeiten besonders in der Verkehrspolitik: „Bremen ist eine Stadt des Verkehrs, dazu muß man sich bekennen.“ Außerdem müsse der Koalitionsvertrag die Hemelinger Marsch zum Gewerbegebiet erklären, und in allen Bereichen des Öffentlichen Dienstes müsse Bremen „runter mit den Standards“. Alle Ausgaben im Sozialbereich, für Kindergärten und Schulen müßten „auf den Bundesdurchschnitt zurückgefahren werden“. Entlassungen soll es im Öffentlichen Dienst dabei aber auch mit der CDU nicht geben. Nölle: „Wir müssen wie in einem Wirtschaftsunternehmen die natürliche Fluktuation ausnutzen.“

„Natürlich würden wir die Gespräche auch mit Henning Scherf führen“, erklärte Nölle, denn die Neuwahl ihres Spitzenkandidaten sei zunächst Sache der SPD. Neumann allerdings konnte dafür seinen Rat nicht für sich behalten: „Wenn die SPD jetzt die alten Kameraden wieder aus dem Hut zieht, wäre das kein Neubeginn, sondern die Fortsetzung eines endlosen Marsches in die Tiefe.“

Dem zurückgetretenen Wedemeier zollte Neumann „Respekt“ und wünschte ihm „außerhalb der Politik alles Gute“. Daß der SPD-Bundesvorsitzende aber jetzt den Bremer Genossen eine rot-grüne Koalition empfehle, zeige nur, „daß Scharping von Bremen keine Ahnung hat“. Scharpings Sprecherin Reit dementierte gegenüber der taz allerdings, daß Scharping seinen Bremer Parteifreunden überhaupt eine Koalitionsempfehlung gegeben habe: „Das würde der Vorsitzende nie machen.“ Ase