Vorschlag

■ So ein bißchen herumleben eben: Mika Kaurismäkis Film „Der Lügner“ im Kellerkino

Schrullige Tanzcafés und häßliches Helsinki, junge Dichter und unbedarfte Mädchen, Alkohol und lakonische Dialoge: Was in späteren Produktionen der Kaurismäki Bros. noch gründlicher herausgearbeitet wurde, ist in „Der Lügner“, Mikas Abschlußfilm an der Münchner Filmhochschule, alles schon angelegt. Das Kellerkino hat den knapp einstündigen Schwarzweißfilm von 1981 ausgegraben und zeigt ihn zum ersten Mal in Deutschland. Ohne Musik, ohne Farbe, ohne Küsse und ohne Lächeln wird da ein bißchen herumgelebt. Wie kommt's, daß trotzdem noch ein bißchen Charme herausspringt?

Ville (Aki Kaurismäki) sitzt manchmal an seinem Schreibtisch, läßt den Blick aus dem Hochhaus über die Fjorde schweifen und hackt dann ein paar Sätze in die Schreibmaschine. Schlaff und schmierig hängen Haare und Krawatte an ihm herab, während er auf Ideen wartet. Es ist – wie könnte es anders sein – der erste Roman. Meistens aber treibt Ville auf der Suche nach Geld über die menschenleeren Straßenkreuzungen. Es gelingt ihm, in zehn Minuten vier Frauen anzuquatschen und jeder auch noch einen Drink abzupressen. Tuula scheint willig, ihn auch länger auszuhalten, also bleibt er bei ihr. „I have a feeling that something will happen today.“ – „What could that be?“ – „I don't know. I think it doesn't matter.“ Später gehen sie dann noch tanzen und Wurst kaufen. Die Geldnot führt sie durch kleine, schnell verpuffende Abenteuer mit Türstehern, Kassiererinnen und Kartenverkäuferinnen. Aber heute soll ja was richtiges passieren! Erst spielen Ville und sein Freund, der Bergson-Diskussionen müde, am Strand die Schießerei aus Godards „Bande à part“ nach, dann ereilt ihn tatsächlich eine Art Tod. Ein Blumengeschäft wurde überfallen, nun liegt er auf der Straße. Naja, er wird schon wieder aufstehen. Jörg Häntzschel

Ab morgen, Do/Fr, jeweils 22.30 Uhr, Sa 20 Uhr und 21.30 Uhr (Finn. mit engl. Untertiteln), Videogroßprojektion. Kellerkino, Dresdener Straße 125, Kreuzberg.