Weniger Geld für die Welt

Die neue republikanische Mehrheit im US-Kongreß will Entwicklungshilfe und UN-Beiträge kürzen / Aus auch für Voice of America  ■ Aus Washington Andrea Böhm

Wenn dieser Tage im US-Kongreß der Rotstift bei den Haushaltsberatungen angesetzt wird, dann schlägt das nicht nur in Washington Wellen. Auch in New York, Genf, Paris und all den anderen Städten, wo die UNO Quartier bezogen hat, spitzt man nervös die Ohren. Denn während sich die Vereinten Nationen auf die Feierlichkeiten anläßlich ihres 50jährigen Bestehens vorbereiten, machen sich die Republikaner im US- Kongreß daran, der Weltorganisation und ihren Blauhelmen den Geldhahn zuzudrehen.

Federführend ist der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Senat, Jesse Helms. Unabhängig von den Budgetplänen der Republikaner in beiden Kammern, die den bisherigen Haushaltsposten für das State Department samt Entwicklungs- und Wirtschaftshilfe drastisch zusammenstreichen wollen, will Helms die Axt gegen UNO-Organisationen führen, deren Überleben in erster Linie von den Beiträgen der USA abhängt. Sollte der erzkonservative Senator seinen Willen durchsetzen, so würden zuerst sämtliche Mittel für die „International Labor Organization“ (ILO) sowie die „U.N. Industrial Development Association“ (Unido) gestrichen. Die ILO wird derzeit mit rund 62 Millionen Dollar, die Unido mit 28 Millionen Dollar aus den USA mitfinanziert.

Drastische Kürzungen müßten außerdem das „U.N. Development Program“, der „U.N. Population Fund“, der „U.N. Development Fund for Women“ sowie mehrere internationale Institutionen für die Einhaltung von Umweltschutzabkommen hinnehmen. Besonders die ILO ist dem 73jährigen Republikaner ein Dorn im Auge.

Die ILO, 1919 vom Völkerbund zur „Förderung sozialer Gerechtigkeit und Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen gegründet, ist nach Ansicht von Helms „teuer und archaisch“ und „fehl am Platze in einer Zeit, da Gewerkschaften ohnehin kaum mehr eine Rolle spielen“.

Nun wird wahrlich nicht jedes Wort aus dem Munde von Jesse Helms zum Gesetz. Im Senatsplenum dürfte sich gegen die Kahlschlagpolitik Widerstand regen – nicht nur unter Demokraten, sondern auch unter außenpolitisch versierteren Republikanern wie Richard Lugar, Senator aus Indiana und Präsidentschaftskandidat. Mit einer Verabschiedung des Gesamthaushaltes ist erst in einigen Monaten zu rechnen.

Ein Drittel weniger Entwicklungshilfe

Doch Helms ist nur eine, wenn auch extrem schrille, Stimme im Chor derjenigen, die das außenpolitische Engagement der USA auf ein Minimum reduzieren wollen. Nach den Gesamthaushaltsentwürfen der Republikaner soll der Etat für Außenpolitik – angefangen vom Budget für das State Department bis zur Wirtschafts- und Entwicklungshilfe – von derzeit jährlich 18,9 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2002 auf 13,3 Milliarden Dollar reduziert werden. Die republikanischen Haushaltsexperten wollen ihn sogar auf 10 Milliarden herunterkürzen. Die Clinton-Administration hingegen will für diesen Haushaltsposten 21,2 Milliarden Dollar für das nächste Jahr veranschlagt wissen.

Gefährdet durch die Kürzungsvorschläge der Republikaner ist die Wirtschaftshilfe für Rußland, ganz abschaffen will man die Entwicklungshilfeorganisation Agency for International Aid (USIAD).

Bei ihren Kürzungsvorschlägen sind die Republikaner auch über einige ideologische Schatten gesprungen. Der Radiosender Voice of America, der einst amerikanisches Sendungsbewußtsein in die Welt ausstrahlte, soll seine Stimme verlieren. Die Ausstrahlung von Anti-Castro-Propaganda nach Kuba soll ebenfalls eingestellt werden. Mit besonderer Verve attackieren vor allem konservative Republikaner derzeit jede denkbare Einbindung der USA in Peacekeeping-Einsätze der UNO. Nicht alle formulieren ihre Ressentiments so schlicht wie der Abgeordnete Matt Salmon aus dem Bundesstaat Arizona. „Ich habe als kleiner Junge immer mit GI Joe und amerikanischen Soldaten gespielt, nicht mit UNO-Soldaten.“

Für Senator Robert Dole, Fraktionsführer im Senat und republikanischer Präsidentschaftskandidat, kommt die US-Beteiligung an UNO-Einsätzen nur noch in Frage, wenn wie im Golfkrieg „amerikanische Interessen“ auf dem Spiel stehen. Die zwei Milliarden Dollar, die die USA für Militärpräsenz und Wirtschaftshilfe in Haiti veranschlagt haben, sind nach Ansicht Doles herausgeworfenes Geld – ebenso die Dollars, die „auf Kosten der Verteidigungsbereitschaft“ für Umweltschutz- und Konversionsprojekte ausgegeben werden. Da klingt er dann doch Jesse Helms recht ähnlich.