Clinton will jetzt strafen und später kassieren

■ Die US-Regierung hat Strafzölle gegen die japanischen Autohersteller verhängt, will aber erst Ende Juni kassieren / Einigung auf dem Gipfel in Halifax angestrebt

Berlin (taz/AFP) – Der US-Präsident Bill Clinton hat seine Drohungen wahr gemacht und im Automobilstreit mit Japan Handelssanktionen verhängt. Ab Samstag mittag gelten für die Importe japanischer Luxusautos in die USA Strafzölle von 100 Prozent. Allerdings wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird: Die Zölle werden bis 28. Juni nicht kassiert.

Die Strafzölle betreffen 13 japanische Luxuskarossen. Betroffen sind Lieferungen im Wert von 5,9 Milliarden US-Dollar. Der US- Außenhandelsbeauftragte Mickey Kantor nannte die Ungleichgewichte im Autohandel, der Japan einen Überschuß von 37 Milliarden Dollar beschert hatte, erdrückend. Ausländische Automarkten hätten in den USA einen Marktanteil von 34 Prozent; umgekehrt seien es in Japan lediglich 4,6 Prozent.

Am 5. Juni beginnt im kanadischen Halifax der Gipfel der sieben größten Industrienationen (G7). Spätestens dort, hofft Clinton, werde es schon zu einer Einigung mit Japan kommen, so daß die Sanktionen nicht umgesetzt zu werden brauchen. Derzeit sieht es jedoch nicht danach aus, daß die japanische Regierung zu Kreuze kriechen wird. Vertreter der japanischen Autoindustrie, die ohnehin wegen des Yen-Höhenflugs Exportprobleme hat, sagten, sie würden sich keinesfalls den amerikanischen Forderungen beugen.

Gestern noch wollte der japanische Minister für Außenhandel und Industrie, Ryutaro Hashimoto, die Welthandelsorganisation WTO anrufen und Dringlichkeitsverhandlungen mit den USA verlangen. Wird dort innerhalb von 60 Tagen keine Einigung erzielt, muß ein Streitschlichtungsausschuß einen Schiedsspruch fällen. Es besteht kein Zweifel daran, daß die WTO zu dem Schluß kommen wird, daß die USA mit ihrer Strafaktion gegen die Regeln des freien Welthandels verstoßen. Die deutschen Autofirmen stehen in dem ganzen Konflikt abseits. Sicher gebe es Zugangshindernisse zum japanischen Markt, vor allem allzu strenge Zulassungsbestimmungen und Hemmnisse beim Aufbau von Händlernetzen. Daß die Japaner keine ausländischen Autos ins Land ließen, könne man jedoch so nicht behaupten, meinte eine BMW-Sprecherin. Ein anderer BMW-Sprecher erzählte, er habe mit Überraschung erfahren, daß die meisten US-Hersteller erst seit kurzem überhaupt Autos mit dem Lenkrad auf der rechten Seite lieferten – in Japan herrscht jedoch Linksverkehr. Beim VW-Konzern, der ein eigenes Vertriebsnetz in Japan aufgebaut hat, ist man stolz, 1994 40 Prozent mehr Autos exportiert zu haben. Nicola Liebert