Sündenböcke sollen gehen, damit die Aufpasser bleiben

■ Der DZT-Vorstand will sich nach Skandalen in der New Yorker Filiale reinwaschen

Frankfurt/New York (taz) – Die beiden Vorsitzenden der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) präsentierten gestern zwei Sündenböcke, um ihre eigenen Fehler und Versäumnisse in den Skandalen um die New Yorker DZT-Filiale zu vertuschen und ihren Posten zu retten. Der Vorstandsvorsitzende Hans-Jakob Kruse verkündete die bevorstehende Kündigung „zweier Mitarbeiter“ der New Yorker Filiale wegen „frühzeitiger Mitwisserschaft“ über die Aktivitäten ihrer ehemaligen Kollegin Elke Berg. Sie war letzte Woche entlassen worden, nachdem die taz berichtet hatte, daß sie gemeinsam mit ihrem Mann in den USA Texte verfaßt, übersetzt und verbreitet hat, in denen der Holocaust geleugnet wird.

Gekündigt werden sollen dem ehemaligen Leiter der New Yorker Filiale, Henning Schreiber, und, nach Informationen der taz, seinem früheren Stellvertreter Fred Gross. Gross wurde auf telefonische Anweisung von Colonius bereits ohne Angabe von Gründen von seinem jetzigen Posten suspendiert.

Schreiber war letztes Jahr in die Frankfurter DZT-Zentrale versetzt worden, nachdem zwei Mitarbeiterinnen der New Yorker Filiale ihn im Frühsommer 1994 wegen sexistischer und rassistischer Äußerungen vor einem New Yorker Gericht sowie vor der dortigen Menschenrechtskommission verklagt hatten. Gross hatte als unmittelbarer Vorgesetzter der beiden Frauen deren Beschwerden seit September 1993 mehrfach an die Vorständler Kruse und Colonius weitergeleitet und diese – vergeblich – zum Eingreifen aufgefordert. Kopien von Gross' Briefen sowie der späteren Klageschriften der beiden Frauen gingen auch an den Bonner Ministerialdirektor Ullrich Geissendörfer, der für das Bundeswirtschaftsministerium im Verwaltungsrat der DZT sitzt. Als die Frauen schließlich gegen Schreiber und den DZT- Vorstand klagten und Gross sich als Zeuge zur Verfügung stellte, wurde er als stellvertretender Leiter abgelöst sowie inzwischen zweimal abgemahnt.

Laut Kruse und Colonius sollen Gross und Schreiber bereits „seit Januar 1994“ von den Aktivitäten der Frau Berg „in der rechten Szene“ und über ihre Publikationstätigkeit „gewußt“, es aber „unterlassen“ haben, den Vorstand zu informieren. Laut einer „Aktennotiz“ von Colonius an Gross vom 12. Mai soll „Ende 1993/Anfang 1994“ in der New Yorker Filiale eine „Abteilungsleitungs-Besprechung“ stattgefunden haben, auf der Gross „rechtsradikale Tendenzen des Herrn Berg“ erwähnt habe. Von den in der Notiz aufgeführten Teilnehmern der angeblichen Besprechung konnte sich auf Anfrage der taz gestern aber nur die Buchhalterin der New Yorker Filiale, Helga Sieberth, daran erinnern.

Die Vorsitzende des Tourismus- Ausschusses des Bundestages, Halo Saibold (Bündnis 90/Die Grünen), fordert inzwischen die Entlassung des gesamten DZT-Vorstandes. Andreas Zumach