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■ Der UB-West und die SchuldfrageKaum Bockwürste

Die SPD darf nicht nur Trübsal blasen nach dieser Wahlschlappe, versuchte am Mittwoch abend beim Parteitag des SPD-Unterbezirks West Günther Reimann seinen GenossInnen Mut zu machen: „Schließlich haben wir im Ortsteil Strom ganze drei Prozent hinzugewonnen.“ Das gab so ziemlich den einzigen Lacher an diesem Abend. Ansonsten gingen die Delegierten mit ihren MandatsträgerInnen heftig ins Gericht. Insbesondere Claus Dittbrenner wurde von mehreren zum Rücktritt aufgefordert, jedesmal brandete Beifall auf. Auch Peter Sakuth schlug man den Rücktritt vor. Wolfram Kaiser zählte seinen UB-Vorsitzenden zu den „Heckenschützen“ in der SPD-Fraktion, die durch die Fücks-Abwahl die Neuwahl erst verschuldet hätten.

Kritisiert wurde aber auch „die Politik gegen das eigene Klientel“: Drogenstrich, Asylschiff und die Verlegung des „Schulschiffs Deutschland“. Während die Delegierten nicht nochmal solche kommunalpolitischen Details aufwärmen wollten, spitzten sie beim Altgenossen Moritz Thape die Ohren. Der sah den Hauptgrund für die Schlappe in der Ausgrenzunng der Parteirechten – und diese Ausgrenzung habe schon lange vor der AfB-Gründung begonnen. Doch dafür gab's keine Zustimmung. Beifall dagegen erntete Thape, als er seine Sympathie zeigte für diejenigen GenossInnen, die sich die SPD auch in der Opposition vorstellen können: „Denn damit würden wir uns von all den Opportunisten und Mitläufern befreien können, die sich in unseren Reihen nur persönliche Vorteile verschaffen wollen.“

Es kam sogar zu einer Abstimmung über die Alternativen Opposition/Regierungsbeteiligung: Die Findorffer SPD beantragte für die Mitgliederbefragung, die Option „Opposition“ auf die Stimmzettel zu schreiben – neben „rot/grün“ und „rot/schwarz“. Die Abstimmung wurde spannend: Fast hätte man auszählen müssen, denn nur etwas mehr als die Hälfte wollten die Oppositionsbank total ausschließen.

Zwar waren nur zwei Drittel der Delegierten anwesend, doch die Konzentration war ungewöhnlich hoch – kaum daß mal einer eine Bockwurst aß oder sich für eine Zigarette nach draußen verzog – und erst um 23 Uhr ging man nach hause. Noch erstaunlicher: die Kandidatur des anwesenden Henning Scherf spielte bei der ganzen Debatte fast keine Rolle. IM

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