Ostwind für die Bündnisgrünen

■ Drei Parteien kürten Kandidaten für Abgeordnetenhauswahl / Überraschungsgrüne Sibyll Klotz aus Ostberlin vor Michaele Schreyer / Diepgen CDU-Spitzenkandidat / FDP: Kammholz kritisiert Rexrodt

Lust auf Wechsel? Ein bißchen. So hätte das Motto für die Kandidatenkür zur Abgeordnetenhauswahl im Oktober auf den Landesparteitagen von CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen am Wochenende lauten können. Der Überraschungscoup gelang einzig den Bündnisgrünen, die unerwartet die Frauenpolitikerin Sibyll Klotz auf den ersten Platz der Landesliste hievten. Einer Sensation kam die Wahl in doppelter Hinsicht gleich. Die 34jährige Klotz gehört nicht der grünen Partei an und steht als ehemaliges SED-Mitglied nun für die Integration der ungeliebten DDR-Geschichte.

Sichtlich niedergeschlagen zeigte sich dagegen Michaele Schreyer, die sich mit Rang zwei der Landesliste begnügen mußte. Kontinuität war auf den Plätzen angesagt: Auf Schreyer folgten der Verkehrsexperte Michael Cramer, die sportpolitische Sprecherin Judith Demba und Fraktionschef Wieland. Erst in einer Stichwahl setzte sich Renate Künast gegen Ismail Koșan durch, der später auf Rang neun landete. Schreyer, Künast, Wieland, Volkholz und Cramer, die bereits zwei Legislaturperioden im Parlament saßen, hatten zuvor durch zwei Drittel der versammelten Mitglieder die Möglichkeit erhalten, wieder zu kandidieren. Die Grünen streben eine Koalition mit der SPD an.

Kontinuität und Langeweile beherrschten den CDU-Parteitag, auf dem Eberhard Diepgen zum Spitzenkandidaten gewählt wurde. Diepgen wies Spekulationen über eine schwarz-grüne Koalition als „töricht“ zurück. Über Koalitionsfragen werde nach der Wahl debattiert. Nichts Neues bedeuteten auch Diepgens Warnungen vor der „rot-grünen Schikane“. Die Bündnisgrünen sind für ihn nichts anderes als „Ersatzkommunisten“ und die SPD die Partei, die diesen zur Macht verhelfen wolle.

Das letzte Aufgebot zum Abgesang präsentierte schließlich die FDP. FDP-Spitzenkandidat Axel Kammholz sollen Ex-Senator Jürgen Starnick und Jürgen Dittberner über die Fünfprozenthürde helfen. Kammholz sprach sich – im Gegensatz zu Günter Rexrodt – gegen ein Koalitionsangebot an die CDU aus. Rolf Lautenschläger