■ Das Portrait
: PEN-Präsidentin

Als sie ans Mikrofon trat und sichtlich mitgenommen zu verstehen gab, sie halte ihre Kandidatur nur aufrecht, weil sie zu ihrem Wort stehe, wurde deutlich: Die PEN- Präsidentschaft wird kein leichtes Spiel für sie werden. Ingrid Bachér, so der erste Eindruck, ist alles andere als eine typische Verbandsfunktionärin, obwohl sie 1989 schon einmal im Beirat des westdeutschen PEN auftauchte. Die aktuellen Querelen um die Zusammenführung der PEN-Zentren Ost und West und die Neubildung des Präsidiums hinterließen deutliche Spuren bei ihr. Sie versicherte sich immer wieder der Solidarität der Mitglieder, die hinter ihr standen. Als sich dann allerdings plötzlich die möglichen neuen Generalsekretäre des Klubs in Luft auflösten, zeigte sie eine andere Seite: Als sei das von langer Hand vorbereitet, schüttelte sie den PEN-Nobody Manfred Schlösser aus dem Ärmel. Hat sie das Taktieren doch im Blut? Sollte es so sein, wird sie diese Fähigkeit gebrauchen können.

Geboren 1930 in Rostock, hat sie an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater studiert. Ab 1949 arbeitete sie als freie Journalistin, aus einem Villa-Massimo-Stipendium Anfang der Ingrid BachérFoto: Marianne Fleitmann

sechziger Jahre wurde ein sechsjähriger Rom-Aufenthalt. Seit 1958 gehörte sie zur Gruppe47 und steht somit für die literarische Nachkriegsgeneration. Ein literarisches Hoch kam in den sechziger und siebziger Jahren mit Romanen und Erzählbänden wie „Ich und Ich“ (1964) und „Unterwegs zum Beginn“ (1979); neben Hör- und Fernsehspielen, ebenfalls aus dieser Zeit, stehen zahlreiche Kinder- und Jugendbücher. In letzter Zeit wurde es etwas ruhiger um sie, ihre jüngste Veröffentlichung: die Erzählung „Assisi verlassen“ (1993). Und Preise? Natürlich gibt's auch die. Anfang der achtziger Jahre bekam sie ihren bisher wichtigsten: Österreich würdigte ihre umfangreiche Jugendbuchproduktion mit dem Jugendbuchpreis.

Ingrid Bachér lebt mit ihrem Mann, dem Maler Günter Erben, und ihren drei Kindern in Düsseldorf. „Es gibt keinen zwingenden Grund, Brüche zuzudecken“, meinte sie kurz vor ihrer Wahl zur PEN-Präsidentin. Und: „Wir wollen uns Zeit lassen und die Zusammenführung der beiden PEN- Zentren Deutschlands mit Anstand hinter uns bringen.“ Ob das gelingen kann, ist fraglich. Sicher ist, daß sie die PEN-Spitze in einer der schwierigsten Phasen des Klubs übernommen hat. Jürgen Berger