Rot-Grün beflügelt die SPD

■ Johannes Rau will rot-grüne Koalition in NRW / Fischer für gemeinsame Oppositionsstrategie in Bonn

Wuppertal/Bonn (taz) – Der Trend geht zu Rot-Grün: Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau will, daß es in NRW „zu einer stabilen Koalitionsregierung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen kommt“. Er werde als Verhandlungsführer der SPD mit diesem Ziel in die Gespräche gehen, sagte Rau nach einer Sitzung des SPD-Landesvorstandes gestern in Wuppertal. Wenn beide Parteien sich auf ein „tragfähiges Regierungsprogramm“ verständigten, werde er das auf einem SPD-Parteitag zur „Annahme empfehlen“. Am Ende der Gespräche müsse eine Vereinbarung stehen, die den Interessen des Landes gerecht werde und garantiere, daß „die schon weit vorangebrachte ökonomische und ökologische Erneuerung unseres Landes in sozialer Verantwortung fortgesetzt werden kann“. Die Verhandlungen sollten „zügig und konzentriert“ geführt werden. Auf die Frage, ob er selbst als rot-grüner Ministerpräsident zur Verfügung stehe, ging Rau explizit zwar nicht ein, doch die Antwort ergibt sich auch so aus der Erklärung: Rot-Grün gibt es mit Rau oder gar nicht!

Am Nachmittag trat dann der SPD- Bundesvorstand in Bad Breisig zusammen. Auch hier ging es um Rot-Grün. Parteichef Rudolf Scharping hatte in den letzten Tagen selbst viele Gespräche mit hochrangigen grünen Politikern aus Bonn und Düsseldorf geführt. Scharping blieb zwar bei seiner Meinung, daß die Partei derzeit noch keine Koalitionsaussage zugunsten der Grünen für die Bundestagswahl 1998 ablegen solle. Zugleich machte er aber deutlich, daß er eine rot-grüne Koalition in Düsseldorf als Vorstufe für ein solches Bündnis in Bonn betrachte. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder setzt „auf rot-grüne Bündnisse in den Ländern und im Bund“.

Joschka Fischer von den Bündnisgrünen schlug vor, SPD und Grüne sollten im Bundestag künftig eine gemeinsame Oppositionsstrategie verfolgen. „Es muß ein Wind des Wechsels entfacht werden. Bedächtiges Warten und Wägen bringt uns nicht weiter“, meinte Fischer. Bis 1997 zu warten, wie Scharping es vorhabe, sei falsch und allenfalls SPD-intern erklärbar.

In Bremen werden die rund 9.600 SPD- Mitglieder sowohl über den neuen Bürgermeister als auch über den Koalitionspartner ihrer Partei abstimmen. Am 11. Juni steht damit Rot-Grün oder eine Große Koalition zur Wahl. Bisher tritt als Bürgermeister nur Henning Scherf an, der Rot- Grün favorisiert. Eine Findungskommission der SPD ist aber auf der Suche nach Befürwortern einer Großen Koalition.

Walter Jakobs/klh Seiten 3 und 10