■ Palast der Republik vorm Aus
: Deutsche Gründlichkeit

Fünf Jahre nach seiner Schließung wird der Palast der Republik endgültig abgerissen. Einer europaweiten Ausschreibung an Ingenieurbüros zur „technischen Klärung der Asbestbeseitigung“ soll der Abbau des Gebäudes folgen. Bis auf das nackte Stahlgerüst will man den Asbest aus dem Haus herauskratzen. Daß dabei die Fassaden und Verkleidungen, die Mamorfußböden und Decken, die Technik und das muffelige Inventar gleich mit herausfliegen werden, ist selbstverständlich. Wir Deutsche sind doch gründlich, geht es um giftige Stoffe. Daß am Ende dann das alte Stahlskelett bestehen bleibt und für ein neues Haus herhalten könnte, ist gerade darum unwahrscheinlich.

Die Methode für die Schleifung des baulichen Zentrums der DDR verstecken Klaus Töpfer und Eberhard Diepgen zwar in Planerdeutsch wie „Asbestbeseitigung“. Klar ist aber doch, daß sie mehr meinen als die Sanierung des Gebäudes zu seinen Gunsten, denn mit der Asbestbeseitigung verschwindet der Palast der Republik und mit ihm seine Bedeutung, Form und Gestalt. Das Relikt des sozialistischen Städtebaus auf den Fundamenten des früheren Stadtschlosses war den Konservativen schon immer ein Dorn im Auge. Durch das Auffinden von Asbest konnte da ein Abrißbegehren nur mehr beschleunigt werden. Aus diesem Grunde war der Streit um Erhalt, Sanierung oder Abtragung schon immer ein ideologischer. Und Eberhard Diepgen ließ gestern erneut keine Zweifel daran aufkommen, daß ihm das Haus nicht nur nicht gefällt. Er will es auf keinen Fall auch wiederaufgebaut sehen. Wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit, so will er uns einreden.

Aber ein Konzept für den Ort in der Berliner Mitte hat er bis dato auch nicht. Kongreßzentren, ein Außenministerium oder die Bibliothek sind geplatzte Träume. Im ideologisch belasteten und asbestverseuchten Streit ist den Politikern nichts Neues eingefallen zu einem Haus, das wahrlich nicht schön ist und in der DDR hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt der Nutzung und weniger als identitätsstiftendes Symbol gesehen wurde. Für etwas Neues, Schönes und Öffentliches bin ich immer zu haben, für die Asbestsanierung auch. Aber für den Abriß ohne Alternative nicht. Rolf Lautenschläger