■ Mit Atomkonzernen auf du und du
: RWE–Dealer

Frankfurt/Main (taz) – Die Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, Klaudia Martini (SPD), echauffierte sich: „Diese Landesregierung läßt sich von niemandem, auch nicht von der RWE Energie unter Druck setzen.“ Und diese Landesregierung, so die Ministerin weiter, werde sich bei allen anstehenden Entscheidungen wie bisher an die geltenden Gesetze halten.

Was Martini am Wochenende so in Rage brachte, war das Angebot der RWE Energie AG, auf Schadenersatzforderungen an das Land für das aufgrund von rechtswidrigen Genehmigungen stilliegende Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich zu verzichten – wenn Rheinland-Pfalz im Gegenzug zugunsten des RWE auf den Ablauf der Verjährungsfrist verzichte.

Den gleichen Deal hatten die Atomstromer aus Essen der Umweltministerin im Herbst 1991 schon einmal angeboten. Martini lehnte damals erbost ab. Denn hätte die Landesregierung die Verjährungsfrist für die Einreichung einer Klage auf Schadenersatz gestrichen, so Martini, wäre es der RWE Energie AG möglich gewesen, jederzeit nach ihrem Gutdünken mit einem Schadenersatzprozeß zu drohen und so zu versuchen, auf Entscheidungen des Landes Einfluß zu nehmen.

Daß RWE zwar einerseits eine solche Schadenersatzklage eingereicht hat, andererseits jetzt erneut versucht, ein Verzichtsangebot zu unterbreiten, führt die Ministerin darauf zurück, daß der Konzern inzwischen „kalte Füße bekommen“ habe. In dem von RWE angestrengten Schadenersatzprozeß, so Martini, komme es unweigerlich zu einer Debatte über die Dauer von Genehmigungsverfahren und die so entstehenden Belastungen für die SteuerzahlerInnen. Das Unternehmen würde gezwungen, die Bilanzen offenzulegen. Und geklärt werden müßte auch, ob RWE Energie die Verluste aus dem AKW Mülheim-Kärlich nicht längst über die Stromkosten hereingeholt oder steuerlich abgeschrieben hat.

Immer noch könne RWE diesen ganzen Ärger vermeiden, empfielt die Ministerin – durch Zurücknahme der Klage. Schließlich, so Martini, klage die RWE-Energie AG gegen all das, was der Konzern selbst immer gewollt habe: Eine Genehmigung der Rheinland-Pfälzischen Landesregierung mit ihrem Chef Helmut Kohl (1975). Eine Genehmigung allerdings, die das Oberlandesgericht in Koblenz im April 1995 für „schuldhaft rechtswidrig erteilt“ hält. Klaus-Peter Klingelschmitt