Ein Amt will Kinkel behalten

Der Noch-Vorsitzende der FDP warnt seine Partei vor Änderungen des Kabinetts, kritisiert den ausgebrochenen Richtungsstreit und stützt seinen potentiellen Nachfolger Gerhardt  ■ Aus Bonn Karin Nink

In drei Wochen wird Klaus Kinkel nicht mehr Vorsitzender der FDP sein, und eigentlich könnte er die Zügel ein wenig schleifen lassen. Statt dessen hält er es für nötig, seine Parteimitglieder noch einmal zur Raison zu rufen. Zumindest alle die, die in den vergangenen Tagen öffentlich über Personalwechsel und Richtungsentscheid der Partei diskutiert haben. „Ich habe was gegen diejenigen, die so schnell vorgeben, den Königsweg zu kennen“, kritisierte er gestern.

Natürlich will der scheidende Parteichef keine Diskussionen unterdrücken, aber die sollen doch bitte da geführt werden, wo sie hingehörten, nämlich „in den dafür vorgesehenen Gremien der FDP“ und nicht in verschiedenen Kreisen, die schon in der Vergangenheit „sehr oft nicht hilfreich gewirkt haben“. Kinkel nannte namentlich den ehemaligen Generalbundesanwalt von Stahl. Dieser hat zusammen mit dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden im hessischen Landtag, Heiner Kappel, ein Positionspapier verfaßt, mit dem die Liberalen einen stärker nach rechts gerichteten, nationalliberalen Kurs einschlagen sollen. Aber auch der sozialliberale „Freiburger Kreis“ hatte in den vergangenen Tagen ein Papier vorgestellt, mit dem die Freien Demokraten wieder stärker auf eine Bürgerrechtspartei eingeschworen werden sollen.

Klaus Kinkel warnte ausdrücklich vor „Veränderungen an der Ministermannschaft“, die am Wochenende zum Beispiel vom baden-württembergischen FDP- Chef Walter Döring angesprochen worden sind. „Ein personeller Wechsel im Kabinett würde der FDP nicht bekommen.“ Der Parteichef hat seine Meinung dazu dem Präsidium zuvor ausführlich dargelegt: „Man hat diese Haltung einstimmig gebilligt.“

Vorschläge, die FDP-Führungsriege durch eine Urwahl von der Basis bestimmen zu lassen, wie etwa seine Vize Witteler-Koch vorgeschlagen hatte, lehnt Kinkel ab. „Dafür gibt es keine Unterstützung. Das ist in der Satzung auch nicht vorgesehen.“ Er will sich vor dem Mainzer Parteitag mit den verschiedenen Landesvorständen treffen, um die „Personaldiskussion zu strukturieren, ohne den Delegierten etwas aufzwingen zu wollen“, kündigte er an.

Der hessische FDP-Chef Wolfgang Gerhardt, der für den Parteivorsitz kandidiert, kann mit Kinkels Unterstützung rechnen. Er habe das Zeug für einen „kompetenten, an der Sache orientierten und fähigen Parteivorsitzenden“, sagte Kinkel, nicht ohne zu ergänzen, daß es sicher richtig sei, wenn Gerhardt sich nur auf das Amt des Parteichefs konzentriere, ohne noch einen Posten im Regierungskabinett anzustreben.