Nach 51 Stunden – Geiseldrama unblutig beendet

■ Polizei stoppte Fluchtauto nach zweiten Versuch in der Osnabrücker Innenstadt / Übermüdete Täter wurden immer unberechenbarer / Die Geisel blieb unverletzt

Osnabrück/Celle (AP/dpa) – Nach 51stündigem Nervenkrieg und ohne Blutvergießen beendete die Polizei gestern vormittag eines der längsten Geiseldramen in der Nachriegsgeschichte. Spezialeinsatzkräfte stoppten das Fluchtauto um 11.04 Uhr in der Innenstadt von Osnabrück in Niedersachsen. Die Geiselnehmer Peter Strüdinger (38) und Günther Finneisen (37) ließen sich widerstandslos festnehmen. Der entführte 35jährige Justizbeamte blieb unverletzt. Die beiden Männer wurden mit dem Hubschrauber in das Gefängnis von Celle zurückgeflogen, aus dem sie am Sonntag mit ihrer Geisel und 200.000 Mark geflüchtet waren.

Die Einsatzleitung der Polizei hatte den Zugriff angeordnet, nachdem die Täter immer unberechenbarer und für Unbeteiligte immer gefährlicher geworden waren. In Ausfallstraßen fuhren sie in den Gegenverkehr und winkten der Polizei in den Zivilfahrzeugen fröhlich zu. Als „chaotische Handlungsphase“ interpretierte die Polizei auch, daß die Gangster drei oder viermal Geldbündel aus dem fahrenden Auto warfen. „Für uns war dies das Signal, sofort zuzugreifen“, erklärte der Leiter des zentralen Kriminaldienstes Osnabrück, Ernst Hunsicker.

Es war allerdings der zweite Versuch, die Geiselnehmer zu schnappen. Der erste Versuch, zwei Stunden zuvor, scheiterte, weil die Täter die Absichten erkannten und ihrer Geisel eine Gaspistole in den Mund steckten. Bei der später erfolgreichen Festnahme fiel nach Polizeiangaben kein Schuß. Es sei so schnell gegangen, daß die Geiselnehmer keine Chance zum Widerstand hatten, sagte Hunsicker stolz. Einer der beiden Männer sei im Gesicht leicht verletzt worden, als ein Zivilfahrzeug der Polizei den Fluchtwagen rammte. Laut Polizeiangaben haben die beiden Männer am frühen Vormittag neben Obst und Gemüse zehn Pakete Streichhölzer gekauft sowie versucht, sich Rohre und Gewinde zu beschaffen. Die Polizei glaubt deshalb, daß die Verbrecher einen Sprengsatz bauen wollten.

Strüdinger, seit 1979 wegen versuchten Totschlags inhaftiert, hatte 1984 schon einmal mit einer Geiselnahme versucht, seine Freilassung zu erzwingen. Finneisen saß seit 1979 wegen Raub und Betrug in Celle ein. Beide sind HIV- positiv.