UNO muß Lüge korrigieren

■ Genfer Protokollchef wegen „Belästigung“ von MitarbeiterInnen suspendiert / UNO: „Nur Verkehrsdelikte“

Genf (taz) – Über ein Jahr lang haben UNO-SprecherInnen auf Anweisung von Generalsekretär Butros Butros Ghali geleugnet, daß die vorübergehende Suspendierung des Protokollchefs der UNO in Genf, Mehmet Ulkumen, im Frühjahr 94 wegen „Belästigung“ von MitarbeiterInnen erfolgte – und nicht nur wegen harmloser „Verkehrsdelikte“. Am Dienstag legte die taz den UNO- SprecherInnen ein Schreiben des für die Angelegenheit zuständigen UNO-Untergeneralsekretärs für Verwaltung und Management, Joseph Connor, an Ulkumen vom 18. Mai 94 vor. Darin teilt Connor dem Protokollchef mit, Generalsekretär Butros Ghali habe ihn suspendiert, nachdem ein interner Untersuchungsausschuß „Belästigung und aggressives und beleidigendes Verhalten gegen Kollegen und untergeordnete Mitarbeiter“ festgestellt habe. Außerdem habe der Protokollchef „sein Amt mißbraucht durch die Manipulation der Rechtsvereinbarungen zwischen der Genfer UNO-Behörde und dem Gastland Schweiz bezüglich der Handhabung von Verkehrsdelikten durch UNO-Angestellte“. Auf Anweisung von Butros Ghali blieben die beiden SprecherInnen bis gestern bei ihrer ursprünglichen Version. Das Büro von Connor und auch Ulkumen selbst bestätigten jedoch, daß der Brief authentisch ist.

Warum aber schützt Butros Ghali den Protokollchef so hartnäckig, obwohl es mehrere UNO- interne Empfehlungen gab, Ulkumen ganz von seinem Posten zu entfernen? Butros Ghali lehnte einen solchen Schritt ab. Begründung: Er müsse bei der Besetzung hoher UNO-Ämter auf eine faire Verteilung zwischen den UNO- Mitgliedsstaaten achten. Ulkumen ist Türke. Auch die Empfehlung des Genfer Untersuchungsausschusses für eine sechsmonatige Suspendierung strich Butros Ghali auf sechs Wochen zusammen und erteilte Anweisung, auf Nachfragen lediglich „Verkehrsdelikte“ als Begründung anzugeben. Andreas Zumach