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Die erste Bilanz nach der Bahnreform ist schwarz

■ Umsatz beim Personenverkehr gestiegen und im Güterverkehr gesunken

Berlin (taz) – „Die Deutsche Bahn AG hat das Jahr eins mit einem positiven Ergebnis abgeschlossen“, konstatierte Bahnchef Heinz Dürr am Mittwoch, nachdem der Aufsichtsrat die Bilanz für 1994 abgesegnet hatte. Insgesamt 23,8 Milliarden Mark Umsatz flossen in seine Kasse, von denen nach Abzug aller Ausgaben 89 Millionen Mark Gewinn übrig blieben.

Der im Vergleich zu früher sehr gute Jahresabschluß ist vor allem darauf zurückzuführen, daß der Bund zu Silvester 1993 den jahrzehntelang aufgetürmten Schuldenberg übernommen hat. Außerdem hatte die Bahn AG Schienen, Loks und Waggons in ihrer Eröffnungsbilanz mit nur 25 Milliarden Mark bewertet, obwohl sie kurz vorher noch mit 99 Milliarden Mark veranschlagt waren. Mit diesem Bilanztrick gelang es, die Abschreibungen massiv zu verringern – denn was weniger wert ist, kann auch weniger an Wert verlieren und belastet die Bilanz nicht so.

4,9 Milliarden Mark schoben die KundInnen im letzten Jahr für Fernverkehrstickets über den Tresen – 0,7 Prozent mehr als im Jahr vor der Reform. Positiv schlugen die teuren Fahrscheine für ICEs und Hotelzüge zu Buche, zu denen es auf vielen Strecken keine Alternative mehr gibt. Im Nahverkehr fällt das Plus mit 5,7 Prozent allerdings weitaus deutlicher aus. 10,4 Prozent mehr gefahrene Kilometer brachten insgesamt 10,8 Milliarden Mark in die Kasse, rund drei Viertel davon stammen aus dem Steuersack von Theo Waigel.

Im Güterverkehr mußte der Bahnvorstand hingegen ein Umsatzminus von 0,5 Prozent melden. Auch wenn im Jahr 1994 9,4 Prozent mehr Stahlträger, Plastikeimer und Autoreifen per Zug transportiert worden sind als 1993, konnte die Bahn nicht mehr Geld einnehmen. „Anhaltender Preisdruck und Überkapazitäten im Transportgewerbe“ führten zu einem negativen Ergebnis. Da half dann auch die deutlich gestiegene Effizienz, mehr Tonnen mit 2,9 Prozent weniger Zugkilometern befördert zu haben, nicht mehr.

Investiert hat die Bahn im letzten Jahr insgesamt 13,4 Milliarden Mark. Schienen, Weichen und Signalanlagen schlagen dabei mit 9,2 Milliarden Mark zu Buche. Die mußte der Betrieb allerdings nicht selbst finanzieren, sondern bekam sie als Baukostenzuschüsse und zinslose Darlehen vom Bund.

„Wir planen munter weiter“, versicherte Heinz Dürr, obwohl Hannelore Rönsch, inzwischen im CDU/CSU-Fraktionsvorstand zuständig für Verkehr und Umwelt, vor kurzem von einem Neun-Milliarden-Mark-Loch bei der Bahnfinanzierung festgestellt hatte. „Das Problem hat der Bundesverkehrsminister, weil die geplanten Straßenprivatisierungen nicht stattfinden und die Lkw-Gebühren nicht reichen“, erklärt Finanzvorstand Diethelm Sack. Auch beim Bahnhofsausbau sieht Dürr kein Finanzproblem: „Für große Projekte ist ohnehin privates Kapital nötig.“ Annette Jensen

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