„Das Tempodrom is our home“

■ Tempodrom-Kampagne: 707 Finanz-Bausteine verkauft

„Oh, oh, ohm, kauf 'n Stein vom Tempodrom!“ trällert Nina Hagen in die Kamera. Zur Zeit wird ihr gerade ein Weisheitszahn gezogen. Aber trotzdem will sie am 2. Juni auf der ersten Steinreich-Party antanzen und ihre neuen Songs vorstellen. Mit dieser Aktion unterstützt sie wie viele andere Kunstschaffende die Bausteinkampagne. Da nun nach langem Hickhack mit den Kreuzberger Grünen seit 15. März endgültig feststeht, daß der kultur-ökologische Musentempel mit Solarkuppel und Windmaschinen bis 1998 auf der Parkanlage des Anhalter Bahnhofs stehen soll, wird jetzt schon überall „gebaggert“: Mit dem Kauf eines Steins soll auch das Publikum sich an den Kosten von etwa 15 Millionen Mark mit ungefähr 2 Millionen Mark beteiligen. „Uns ist klar, daß dies nur einen kleinen Teil der Finanzierung tragen kann“, verteidigt Zirkusmutter Irene Moessinger die geplante Mischfinanzierung aus privaten und öffentlichen Geldern, die sie nach wie vor für „eine politisch richtige Entscheidung hält“.

Vorläufig hat das Zirkusteam 10.000 Ziegelsteine brennen lassen. Sie sind jeweils 300 Gramm schwer und können im Tempodrom und an allen Vorverkaufsstellen für 100 Mark (Kinder die Hälfte) erworben werden. Der Gag an der Sache ist, daß Mann/ Frau/Kind sie mit nach Hause nehmen und bemalen oder signieren können. Später wird Architektin Jutta Kalepky mit diesen Steinen eine Spur durchs ganze Gebäude legen, vor allem im Gang, wo man sein Kunstwerk dann suchen und bewundern kann. Gleichzeitig ist jeder Baustein auch ein Spielstein, mit dem der Käufer bei den Steinreich-Parties „tolle Preise zu verrückten Bedingungen“ gewinnen kann – aber auch Kreativität wird prämiert. Für den 2. Juni hat sich nicht nur Nina Hagen etwas ausgedacht. Es gibt einen Geheimpreis der „Ärzte“. Otto Sander stiftet eine Gutenachtgeschichte, die er persönlich vorlesen will. Auch die Air France spielt mit: Die Fluggesellschaft bietet zwei Flüge in die Karibik an.

Die Nachfrage ist da. Bis jetzt wurden 707 Exemplare verkauft. Und auf der Liste der KäuferInnen führt Kreuzberg. „Die Leute finden die Idee eben gut“, schwärmt die Zirkusmutter. Und Nina Hagen schwört: „Das Tempodrom ist our home.“ Anja Sieber