■ Mit ICE-Trassen auf du und du
: Wie lang ist mittelfristig?

Berlin (taz) – Sie steht mit der Nummer acht auf der Liste der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit: die ICE-Strecke von Nürnberg über Erfurt nach Halle/Leipzig bis nach Berlin. „Jeder Kilometer durch den Thüringer Wald soll 47 Millionen Mark kosten“, hat der Grünen- Bundestagsabgeordnete Albert Schmidt ausgerechnet. Insgesamt 206 nagelneue Gleiskilometer sind geplant, der Rest wird ausgebaut.

Im Dreijahresplan Schiene ist die ICE-Strecke nur mit 600 Millionen Mark bedacht worden. Zwar beteuert Bahnchef Heinz Dürr immer wieder, die Trasse werde gebaut. Und auch das Bundesverkehrsministerium hält sie für „nicht disponibel“ und hat den ersten Spatenstich noch vor Silvester angekündigt. Aber noch ist man sich nicht einig, ob der Bund die Gesamtkosten tragen soll, so wie bei politisch gewollten, aber betriebswirtschaftlich nicht sinnvollen Strecken vorgesehen ist, oder ob die Bahn lediglich ein zinsloses Darlehen bekommt. „Mittelfristig“ könne man noch ohne das gigantische Projekt auskommen, meint Bahnsprecher Michael Baufeld. Wie lange mittelfristig dauern kann, will er aber nicht schätzen. Rein technisch sei es möglich, die Strecke in viereinhalb Jahren fertigzustellen. Aber es fehlt am Geld, und außerdem sind zahlreiche Klagen zu erwarten.

Statt bisher 6,5 soll die Fahrt von Nürnberg nach Berlin irgendwann mit dem ICE nur noch 4 Stunden dauern. Daß damit allerdings eine große Entlastung für die Umwelt verbunden ist, bezweifelt Schmidt. Sechs Millionen Fahrgäste im Jahr werden offiziell erwartet. „Der maximale Umsteigeeffekt vom Auto beträgt damit nicht einmal 5 Prozent des täglichen Pkw-Stroms auf dieser Strecke. Und er wird in zehn Jahren durch den automobilen Verkehrszuwachs sicherlich mehr als ausgeglichen“, prognostiziert der Abgeordnete.

Er plädiert deshalb dafür, das Geld statt für extrem teure Schnellzugstrecken für den Nahverkehr und für modernes Züge einzusetzen. Nur 400.000 Mark kostet es, einen Kilometer Gleis für Neigetechnikzüge umzurüsten – ein Hundertstel vom ICE-Neubau-Preis. Damit kann man immerhin bis zu 30 Prozent Fahrzeit gewinnen. Auch Einzelradantrieb steigert die Geschwindigkeit um 15 Prozent. Ein integraler Taktfahrplan verkürzt schließlich die Umsteigezeiten – denn kaum ein Fahrgast lebt ja unmittelbar neben dem Hauptbahnhof. Annette Jensen