Mit Mozart auf Kriegsfuß

■ Letztes Philharmonisches Konzert.

Das letzte Philharmonische Konzert zeigte in aller Deutlichkeit, daß sich etwas ändern muß und auch, was sich ändern muß. Unter der Leitung des Kieler Generalmusikdirektors Walter Gugerbauer versuchte sich das Philharmonische Staatsorchester an zwei ganz unterschiedlichen MozartWerken, anders kann man die schwachen Interpretationen kaum bezeichnen: pauschale Artikulation und Dynamik, fehlende Klangfarben, klappernde Einsätze verhinderten von vornherein die Chance, die tragische Größe der „Mauerischen Trauermusik“ KV 477 auch nur einigermaßen angemessen zu entfalten. Im Konzert für zwei Klaviere und Orchester KV 365 wirkte sich das auch auf die beiden Solisten aus, die in diesem unverbindlichen Gewusel und eher hektischen Gerenne nur schwer ihren Ort fanden. Yaara Tal und Andreas Groethuysen sind ein gut eingespieltes Paar, das die Brillanz und den „übersprudelnden Reichtum der Erfindung“ (Alfred Einstein) in einem Dialog präsentierten, der den Kontakt zum Orchesterpart einfach nicht bekommen wollte: „Licht“ und „Schatten“ war nur andeutungsweise zu hören.

Wie viel mehr die beiden allerdings unter anderen Umständen hätten zeigen können, bewies die Zugabe, der dritte Satz aus der Sonate für zwei Klaviere KV 448: Die kunstvoll ineinander verflochtenen Partien sind nur mit makelloser Technik musikalisch sinnvoll zu leisten. Mozarts Schülerin Josefine von Aurnhammer, über deren Häßlichkeit sich der Chauvi Mozart mehrfach ausgelassen hat – „wenn ein Maler den Teufel natürlich malen wollte, so müßte er zu ihrem Gesicht Zuflucht nehmen“ – muß immerhin eine fabelhafte Pianistin gewesen sein, denn für sie und ihn selbst hat er die Sonate geschrieben. Ebenso wie seine Schwester Nannerl, für die das Konzert für zwei Klaviere entstand: In beiden Werken und nur in ihnen lebt so die Leistung zweier hochbegabter Frauen weiter.

„Die spielen wie Ivanisevic Tennis: immer druff“: Diese kernige Aussage einer Dame unmittelbar nach der Wiedergabe der Vierten Sinfonie von Ludwig van Beethoven war herbe, aber nicht ganz unrichtig. Zwar gab es hier eindrucksvolle Fortissimoausbrüche, deren Wirkung sich Walter Gugerbauer gelegentlich versichern wollte, indem er sich mindestens bis in die erste Reihe umschaute. Auch entfaltete er mit dem Orchester gute, das heißt in diesem Falle schnelle Tempi. Nicht verschwiegen sei, daß das Orchester ihm mit hoher Virtuosität folgte. Aber das war's dann auch schon: die Angabe pianissimo bewegte sich in Richtung mezzoforte – die einzige dynamische Bezeichnung, die Beethoven nie geschrieben hat – , die Poesie des langsamen Satzes fehlte und die punktierten Quartsprünge des Anfanges, die doch pochend und starr gemeint sind, wirkten spätestens in der Ausführung durch die Trommeln so, als wollten sie eine Büttenrede einleiten.

Und um bei den Kategorien des Sports zu bleiben: Dieses Konzert sollte man als eine Niederlage ganz schnell vergessen und sich auf den Neuanfang mit Günther Neuhold vorbereiten und freuen.

Ute Schalz-Laurenze