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: Gut abgehangen

„taff“, Mo., 19.30 Uhr, Pro7

Ob's der Föhn war oder doch der Streit um die Maß im Biergarten, was den Münchner Privatsender Pro7 veranlaßte, seine berufsjugendlichen Mitarbeiter anzutreiben, ein „seriöses und anständiges Boulevardmagazin“ zu machen? Ausgerechnet fürs tägliche Vorabendprogramm, in dem sonst Alf & Co. die kaufkräftigen Teens mit blöden Sprüchen und im Dienst der Werbekunden hypnotisieren. „,taff‘ bietet sorgfältige Recherche“, hatte Pro7-Chef Georf Kofler versprochen, und es klang, als plane arte einen Themenabend über den Terminator. Das konnte ja nicht gutgehen – und ging auch nicht.

Die Beiträge zur Premiere wirkten so abgehangen, als habe Kofler persönlich die Red-Bull- Ration für die Redaktion gekürzt und statt dessen Beruhigungstee verordnet: die Promi- Parade vom samstäglichen Boxkampf marschierte mit reichlich Verspätung durchs Bild, und auch der Ökosarg aus Pappe roch nach seiner Tournee durchs Frühstücksfernsehen schon etwas streng. Obwohl sich die Sprecher alle Mühe gaben, den Beiträgen mit einer extra Portion Süffisanz etwas Pep zu verleihen, wünschten sich selbst Dreißigjährige bald das Pro7-Kinder- Menü zurück.

Schön, daß zumindest die sympathische Moderatorin Sabine Noethen soviel Spaß an der neuen Sendung hatte. So viel, daß sie sich schon während der Anmoderationen kaum mehr einkriegte. Wie gern hätte man da als Zuschauer mitgelacht. Doch Freude kam nur einmal auf, als der obligatorische Psychologe nach eingehender Video-Studie des Appartements samt Kühlschrankinhalt von Baulöwe Schneider glasklar „typische Floridawohnung“ diagnostizierte.

Da blitzte kurz der pseudoinnovative Geist auf, der dem sogenannten Infotainment so oft zu unfreiwilliger Komik verhilft. „Schmuddeljournalismus gibt es nicht bei ,taff‘“, hatte Chefredakteur Gerd Berger, vormals „ZAK“ und „sternTV“, vor dem Start getönt. Aber kommt Boulevardjournalismus überhaupt ohne aus? Vielleicht, wenn das, wofür die dämliche Abkürzung „taff“ steht, wirklich befolgt wird: nämlich „täglich, aktuell, frisch und frech“ zu sein, statt lediglich seriös und langweilig für synonym zu erklären. Es reicht halt nicht, das Archiv von „Explosiv“ und „Brisant“ zu plündern, um dieselben Beiträge noch einmal in Zeitlupe zu senden. Oliver Gehrs