Gespannter Blick auf den Schritt des roten Bären

■ Nato hofft, daß Rußlands Außenminister Kosyrew die „Partnerschaft für den Frieden“ heute tatsächlich unterzeichnet und sich nicht wie im Dezember querstellt

Noordwijk (AFP) – Der russische Außenminister Andrej Kosyrew soll heute früh beim Nato-Rat im niederländischen Badeort Noordwijk die Dokumente zur Umsetzung der Nato-„Partnerschaft für den Frieden“ unterzeichnen. Das meinte jedenfalls gestern Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP). Mit dem Treffen „16 + 1“ der Nato-Außenminister mit ihrem russischen Kollegen solle ein neuer Prozeß in den Beziehungen zwischen der Nato und Rußland eingeleitet werden.

Bis Ende des Jahres wollten die Nato-Staaten eine politische Rahmenvereinbarung mit Rußland erarbeiten, sagte Kinkel weiter. In dieser Charta sollte die Sicherheitspartnerschaft mit Moskau festgelegt werden. Aus Protest gegen die Nato-Pläne hatte sich Rußland bislang geweigert, die Umsetzung der Friedenspartnerschaft zu beginnen. Die Außenminister der Nato-Staaten wie auch Generalsekretär Willy Claes zeigten sich überzeugt, daß Kosyrew diesmal die Dokumente akzeptieren werde; im Dezember 1994 hatte er sie demonstrativ abgelehnt und damit eine diplomatische Krise herbeigeführt. Nach Angaben der Nato liegen die beiden Dokumente seit Dezember in unveränderter Form vor. Gegen ihre Inhalte habe es aus Moskau keinen Widerspruch gegeben. Zudem wird im Hauptquartier der Allianz in Brüssel darauf hingewiesen, daß zu ihrer Inkraftsetzung nicht einmal ein feierlicher Akt und die Unterschrift eines russischen Regierungsvertreters notwendig seien. Diese könnten auch russische Diplomaten leisten. Im Grunde reiche auch ein Telefonanruf aus Moskau, sagte ein Diplomat bei der Nato. Andere Nato-Diplomaten hingegen meinten, sie wollten erst die Unterschrift Kosyrews tatsächlich sehen.

Für die Umsetzung des Rahmenabkommens sind zwei Dokumente erforderlich, über die sich das westliche Bündnis mit dem jeweiligen Partner verständigt. Eine solche über das Rahmenabkommen hinausgehende Individualvereinbarung gibt es bereits mit zwölf Staaten. Das Individualprogramm zur „Partnerschaft für den Frieden“ will die Besonderheiten der einzelnen Staaten berücksichtigen. Es legt Programme zum Austausch und zur Ausbildung von Offizieren fest. Hinzukommen sollen gemeinsame Manöver und Diskussionen zu strategischen Fragen und Verteidigungsdoktrinen. „Regelmäßige und transparente Konsultationen“ werden in einem zweiten Dokument vereinbart. So ist etwa Rußland zu bestimmten Arbeitssitzungen der Nato eingeladen, bei denen es um atomare Abrüstung, regionale Konflikte oder allgemeine Fragen der Sicherheit in Europa gehen soll.