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■ Philip JohnsonAnything goes

Der damals 26jährige Architekt und Kritiker Philip Johnson machte sich 1932 mit einer Ausstellung im Museum of Modern Art (MOMA) in New York schlagartig bekannt: „The International Style: Architecture Since 1922“ führte die aus Europa kommende Bauavantgarde – Mies van der Rohe, Gropius, Le Corbusier – als kanonische Architektur ein. Erst die Postmoderne löste diesen dominanten Stil vierzig Jahre später ab. In der Folge dieses „Internationalen Stils“ wurde die „freie Welt“ mit lauter amerikanischen Business-Centern und bauhausförmigen Wolkenkratzern ausgestattet.

Johnson reiste in den zwanziger und dreißiger Jahren als Bauhaus-Fan nach Europa, arbeitete in den USA beim Exilanten Mies van der Rohe, als dieser das berühmte Seagram- Gebäude betreute, und galt als kritischer Zeitgenosse der Modernisten Marcel Breuer und Oscar Niemeyer. Doch es kam anders.

Als „Zelig“ der Bauwelt entwarf der eklektizistische Architekt vom Staatstheater im New Yorker Lincoln Center über einen Erweiterungsbau und den Skulpturenhof des MOMA bis zum skulptural in Beton gegossenen und mit Säulengang versehenen Atomkraftwerk in Israel alles Geldwerte.

Als amerikanischer Entdecker von Ludwig Mies van der Rohe gefeiert, war er dessen bester Kopist und setzte lauter kleine „Berliner Nationalgalerien“ in die Gärten der Reichen. Mit dem Entwurf für das New Yorker AT&T-Hochhaus, welches sich durch ein Spitzdach mit Kerbe auszeichnet, fand er sogar Anschluß an die Postmoderne.

Das Image von Philip Johnson wurde nicht erst von seinen Berliner Entführern benutzt. Schon für die Checkpoint-Charlie-Entwicklungsgesellschaft CECD ist der Greis vor allem ein Aushängeschild. Es ist kaum anzunehmen, daß der US-Architekt nur einen Bleistiftstrich zum American Business Center beigetragen hat. Zum Fototermin jedoch trägt er als Showman, Populist und Werbeträger für CECD und Berlins prominente Baustelle seine markante Gropius-Brille zu Markte. Damit man ihn ja nicht vergißt, steht er als Cut-out wie ein Hollywood-Star bei Wind und Wetter an der Baugrube.

„Wir müssen auf das Niveau der Welt, die uns umgibt, herunter, wenn wir gegen sie ankämpfen wollen“, sprach Philip Johnson 1955 vor ArchitekturstudentInnen. Klar, daß er lieber in den Berliner Himmel hineingebaut hätte, doch wenn Senatsbaudirektor Stimmann preußische Zucht verordnet, leistet selbst die greise Galionsfigur Gehorsam. Nur in der kürzlich erschienenen Berlin-Sondernummer der Mailänder Architekturzeitschrift Domus schiebt er als Computergrafik ein wild verschlungenes Fassadenband nach – mit dem Titel „Fantasy“.

Jochen Becker

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