■ Das Portrait
: Stimme aus Ost-Timor

„Caramba“, sagte der Bischof, „verdammt noch mal“: Anstatt Fragen zu stellen, solle man doch endlich etwas tun, um dem gemarterten Ost-Timor zu helfen. Immer wenn auf Ost-Timor indonesische Soldaten auf Demonstanten eingeprügelt oder geschossen haben, wenn Menschen gewaltsam sterben auf der von Indonesien seit 1975 besetzten Halbinsel im Pazifik, ist der katholische Bischof der Hauptstadt Dili, Carlos Ximenes Belo, erste Informationsquelle über das Geschehen. Für Journalisten ist es noch immer schwer, nach Ost-Timor zu gelangen, das indonesische Militär will keine Zeugen bei Folter und Erschießungen.

1989 und 1991 scheiterten zwei Attentatsversuche. Dem Militär ist Belo ein Dorn im Auge. „Sie betrachten mich als Feind, sagen, daß ich den Prozeß der Integration Ost-Timors ins indonesische Staatsgebiet verzögere“, meint Belo.

Beim ersten Treffen zwischen Befürwortern der Zugehörigkeit der einstigen portugiesischen Kolonie zu Indonesien auf der einen Seite und Befürwortern der Unabhängigkeit, die ab heute in Österreich zusammenkommen, wird auch der Bischof mit am Tisch sitzen. Die Gesprächsrunde zwischen den 30 Politikern aus Ost-Timor findet unter Vermittlung der UNO statt. Indonesien erhofft sich davon einen Propagandaerfolg, will der Welt vorführen, daß eine Mehrheit der Bevölkerung Ost-Timors die indonesische Annektion befürwortet. Die ehemalige portugiesische Kolonialmacht setzt auf weitere Schritte in Richtung auf ein Referendum, in dem die Bevölkerung frei über ihre Zukunft entscheiden kann.

Carlos Ximenes Belo, Bischof von Dili Foto: Reuter

Im Vorfeld des Treffens, das bis Montag gehen soll, hielt sich der sonst wortgewaltige Bischof sehr zurück. Er wollte alles vermeiden, was den indonesischen Behörden als Vorwand dienen könnte, ihn nicht wieder nach Ost-Timor einreisen zu lassen.

Belo fungiert in Dili formell als „apostolischer Administrator“, denn die Diözese ist direkt dem Vatikan zugeordnet, und somit ist der Papst dort Bischof. Der Vatikan wählte diese diplomatische Lösung, um nicht entscheiden zu müssen, ob Dili zur indonesischen oder portugiesischen Bischofskonferenz gehört. Denn von der UNO wird Portugal nach wie vor als legitime Verwaltungsmacht Ost-Timors anerkannt. Belo kommentiert seine schwierige Aufgabe trocken: „Formell ist der Papst Bischof von Dili, doch ich habe die Kopfschmerzen.“ Theo Pischke