EU-Genfraß unerkannt?

■ Novel Food nicht kennzeichnen

Berlin (taz) – Seit fast drei Jahren streiten Regierungen, Umweltschützer und Industrie in Brüssel über die „EU-Novel-Food“-Verordnung. Am kommenden Dienstag sollen sich die Wirtschaftsminister der EU-Mitgliedsstaaten zur entscheidenden Sitzung treffen. Unter dem Vorsitz der französischen EU-Präsidentschaft wollen sie über einen neuen, angeblichen „Kompromißvorschlag“ abstimmen.

Sollte der französische Vorschlag eine Mehrheit finden, werden die europäischen VerbraucherInnen auch in Zukunft nicht erfahren, daß sie mit einer Tomate eine Kreation aus dem Genlabor vor sich haben. Für Hiltrud Breyer, Europaabgeordnete der Grünen, ist der neue Entwurf „unglaublich“. Obwohl sich eine große Mehrheit der Bevölkerung gegen Gentech-Food ausgesprochen hat, werde das Recht der VerbraucherInnen auf umfassende Information nicht berücksichtigt. Eine generelle Kennzeichnungspflicht ist in dem neuen Entwurf nicht vorgesehen. Aber es soll noch viel schlimmer kommen: Ein großer Teil der neuen genmanipulierten Lebensmittel soll nicht einmal unter die Novel-Food-Verordnung fallen. Nur Lebensmittel, die gegenüber den herkömmlichen eine „signifikante“ Veränderung aufweisen, müssen nach der Verordnung zugelassen werden. Was unter „signifikant“ zu verstehen ist, soll in jedem Einzelfall ein Expertengremium entscheiden. In letzter Minute ist zudem noch ein Passus aufgenommen worden, der vorsieht, daß auch genmanipuliertes Saatgut nicht von der Verordnung erfaßt werden soll. Das heißt, so Breyer, daß „ein daraus hergestelltes Produkt, eine Tomate zum Beispiel, noch nicht einmal angemeldet werden muß“. Wolfgang Löhr