Carlos' Kofferträger in Jemen geschnappt

■ Johannes Weinrich, rechte Hand des Terroristen Carlos, wurde nach jahrelanger Flucht festgenommen / Auslieferung nach Deutschland steht vermutlich bevor

Wiesbaden (AFP/taz) – Der weltweit gesuchte mutmaßliche Terrorist Johannes Weinrich ist nach jahrelanger Flucht am Donnerstag in Jemen festgenommen worden. Dies bestätigte das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden. Jemenitische Regierungsvertreter erklärten noch am Freitag, die Vorbereitungen für eine Auslieferung nach Deutschland seien im Gange.

Der 47jährige Deutsche gilt als Komplize des in Frankreich einsitzenden Carlos, der im August vergangenen Jahres in Sudan festgenommenen worden war. Das Nachrichtenmagazin Focus hatte berichtet, Weinrich sei in einem Vorort von Aden in Jemen festgenommen worden. Weinrich, dem mehrere Sprengstoffanschläge zur Last gelegt werden, soll für den Tod von mindestens zwölf Menschen verantwortlich sein. Laut Focus waren der Festnahme Weinrichs monatelange Ermittlungen des Bundesnachrichtendienstes (BND) und des BKA vorausgegangen. Der Zugriff erfolgte in Zusammenarbeit mit den jemenitischen Behörden.

In Berlin liegen gegen Weinrich mehrere Haftbefehle vor. Einer wurde 1991 erlassen, nachdem der frühere Stasi-Offizier Helmut Voigt ausgesagt hatte, er habe Weinrich 25 Kilo Plastiksprengstoff überlassen, mit dem später das Attentat auf das Westberliner „Maison de France“ verübt wurde, bei dem ein Mann starb und 23 Menschen verletzt wurden. Weinrich wird auch ein Anschlag auf den Bahnhof von Marseille im Dezember 1983 zur Last gelegt, bei dem fünf Menschen getötet wurden. Ein Haftbefehl gegen Weinrich alias Peter Schmidt alias Jean Saleh liegt in Berlin auch wegen des Sprengstoffanschlages vom Februar 1981 auf das Münchner Sendegebäude von „Radio Freies Europa“, bei dem mehrere Menschen verletzt wurden, vor. Das frühere Mitglied der „Revolutionären Zellen“ Weinrich lernte Carlos in den 70er Jahren kennen. Nach zwei Raketenanschlägen auf israelische Verkehrsmaschinen auf dem Pariser Flughafen Orly war Weinrich 1975 auch von der Justiz mit dem aus Venezuela stammenden Carlos in Verbindung gebracht worden. Weinrich wurde in den achtziger Jahren auch aus Kreisen der „RZ“ heftig kritisiert. Vor allem die Entführung einer EL-AL-Maschine nach Entebbe und die Selektion jüdischer Passagiere sowie der mysteriöse Tod eines anderen RZ-Mitglieds im Libanon lasteten frühere Genossen ihm an. Nach Erkenntnissen der deutschen Ermittler reiste Weinrich seit Anfang der 80er Jahre zwischen Ostberlin und Budapest hin und her, um die Operationen der Carlos-Gruppe in Europa zu leiten. 1985 verlor sich seine Spur in Syrien.