Der israelische Rechtsblock Likud zerbröselt

■ Ex-Außenminister Levy will eine Partei mit „ethnischem Charakter“ gründen

Tel Aviv (taz) – Mit dem Austritt David Levys aus dem konservativen Likud-Block zeichnet sich der Beginn einer gründlichen Umstrukturierung der politischen Szene Israels ab. Levy, Außenminister in Jitzhak Schamirs letzter Likud-Regierung, will nach Aussage seines treuen Mitkämpfers und jüngeren Bruders, Maxim Levy, bei einer am 18. Juni stattfindenden Versammlung seiner Anhänger eine neue Partei gründen. Diese wird sich in erster Linie in den Konkurrenzkampf mit der „Mutterpartei“ Likud begeben, den Levy und seine Kameraden am Montag verlassen haben. Die Dissidenten sind in der Mehrzahl Vertreter jener ärmeren und sich benachteiligt fühlenden Schichten, die aus arabischen Ländern stammen und in den Armenvierteln und Entwicklungsstädten der israelischen Provinz leben.

Die Spaltung des Likud hatte der Parteivorsitzende Benjamin Netanjahu bei einer Sitzung des Zentralrats hervorgerufen, bei dem er ein für David Levy nicht akzeptables inneres Kandidatenwahlsystem zur Abstimmung brachte. Dabei stellte sich eine Mehrheit von nahezu 70 Prozent der Mitglieder des Zentralrats hinter Netanjahu. Levy hatte vorher gewarnt, daß ihn ein solches Verfahren zum Parteiaustritt zwingen würde. Netanjahu nahm dieses Risiko bereitwillig in Kauf, um seinen aufmüpfigen und nicht ungefährlichen Rivalen loszuwerden. Levy hatte es dann auch leicht, den Parteivorsitzenden für die Spaltung verantwortlich zu machen.

Als der Likud vor drei Jahren die Macht zugunsten der Arbeitspartei verlor, gelang es Netanjahu, dem früheren Propagandachef und Vizeminister in Schamirs Ministerpräsidium, die Parteiführung zu übernehmen.

Der damit unzufriedene Levy zog es vor, in seine von marokkanischen Einwanderern bewohnte Provinzstadt zurückzuziehen und dort eine Gelegenheit für ein politisches Comeback abzuwarten.

In der Arbeitspartei hatte man seit langem auf eine Abspaltung des Levy-Lagers vom Likud gehofft, weil David Levy als potentieller Koalitionspartner galt. Jetzt, ein Jahr vor neuen Wahlen, muß der Arbeitspartei ein Zerfall des Likud immer noch sehr willkommen sein. Aber die neue, sozial orientierte Volks-Partei mit „ethnischem Charakter“, die Levy gründen will, wird sich in der deutlich spürbaren Wahlkampfatmosphäre nur schwer überreden lassen, der Rabin-Regierung beizutreten. Unmöglich ist es aber nicht, weil Levy die notwendigen Finanzen für seine Partei fehlen, und weil die Erfahrung lehrt, daß eine israelische Oppositionspartei wenigstens vorübergehend in Regierungspositionen sein muß, um über die für einen Wahlsieg erforderlichen Mittel zu verfügen.

Andererseits ist der einstweilen noch zahlenmäßig stärkere „Rest- Likud“ unter Netanjahu gerade im Begriff, sich in eine „republikanische Partei der neuen Rechten“ nach US-amerikanischem Vorbild zu verwandeln. Das kann man leicht aus der letzten Rede des Parteivorsitzenden vor dem Zentralrat heraushören. Damit wenden sich die Konservativen zum ersten Mal an den „arrivierten“ oder „besser situierten“ Mittelstand, von dem gerade die Arbeitspartei ihre Stimmen zu erhalten pflegte. Netanjahus Erfolg bei diesen Schichten hängt jedoch von einer noch nicht sichtbaren Metamorphose des Likud-Gepräges und -Images ab. Amos Wollin