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Ohne Musik noch musikalischer

■ Black Music Poetry aus Großbritannien in der literaturWERKstatt in Pankow

DUBOETRY: „Duboetry is reality / given to you / inna dis stylee / dis stylee come / to set you FREE / from political captivity / dat keeps yuh / down inna poverty / then controls yuh / MENTALLY / But mentally wi / Should be free / Dats why I Chant / Duboetry / fe reach de world / SPIRITUALLY / Both Nationally / and Universally / Now universally / means everybody / I don't partical inna / which country / It could be far / across the sea / from a distance / you'll hear Duboetry / Inna de Sixties / wi heard Jazzoetry / from de LAST POETS / Black revolutionaries / They chanted for / their Liberty (...)“ Levi Tafari

(aus: „Liverpool Experience“)

Dub Poetry ist keine Lyrik im westlichen Sinne des Verseschmiedens, sondern eine Verbindung von Wort, Musik und Rhythmus. EinwanderInnen aus der Karibik haben diese Lyrik nach Großbritannien mitgebracht; unter Einbeziehung ihrer Roots verarbeiten sie darin die gesellschaftliche Realität der Diskriminierung. War es anfangs Reggae, der den Rhythmus der Dub Poetry bestimmte, wie zum Beispiel bei Linton Kwesi Johnson oder Jean „Binta“ Breeze, so ist bei der jungen Generation der PoetInnen wie der Urban Poets Society zunehmend amerikanische schwarze Musik wie Rap, HipHop oder Acid Jazz bestimmend geworden.

Doch egal ob Reggae- oder HipHop-Rhythmen, in einem Punkt ist die Präsentation von Dub Poetry gleich: Sie wird nicht gelesen, sondern eher in einer Art Performance dargeboten. Verfaßt sind die Texte zwar in Englisch, dennoch verstehen nicht alle, die des Englischen mächtig sind, die Dub- PoetInnen, die viele Ausdrücke aus dem jamaikanischen Kreol, dem Patois, in die Texte einfließen lassen. Ihre Lyrik ist in der Sprache ihrer „community“ geschrieben und wird so Gegenentwurf zum Oxford English als der Hochsprache der Weißen.

In Anknüpfung an das Projekt „Migrant Voices“ hat die literaturWERKstatt berlin einige herausragende Dub-PoetInnen eingeladen. Heute abend treten drei der sieben Mitglieder Urban Poets Society auf. 1993 fanden sie sich zusammen aus Frust sowohl über den britischen Literaturbetrieb als auch über die Eintönigkeit der Londoner HipHop-Szene. Weil sie keine Auftrittsmöglichkeiten bekamen, veranstalteten sie eigene Poetry events, die „Speakers' Corner Jams“, die die UPS landesweit bekannt machten. UPS beschäftigen sich in ihren Texten – wie der Name schon sagt – mit dem Leben in der Großstadt.

Morgen abend lesen Lemn Sissay und Jean „Binta“ Breeze. Lemn Sissay, als Sohn äthiopischer Eltern in Billinge, Lancashire, geboren, veröffentlichte bereits mit 18 seinen ersten Gedichtband. In seinen Gedichten, die schon vom renommierten BBC-Radio 4 ausgezeichnet wurden, beschreibt er den alltäglichen Rassismus in Großbritannien. Jean „Binta“ Breeze schließlich ist heute eine der bekanntesten und einflußreichsten Dub-PoetInnen. Geboren wurde sie in Jamaika, wo Linton Kwesi Johnson sie Mitte der achtziger Jahre entdeckte und nach London holte. In den folgenden Jahren veröffentlichte sie mehrere Bücher mit Gedichten, die noch immer stark von ihrer jamaikanischen Herkunft geprägt sind, nahm eine Platte mit Linton Kwesi Johnson auf, schrieb Drehbücher und arbeitete als Theaterregisseurin.

In den Auftritten in der literaturWERKstatt werden die Dub- Poeten leider auf die musikalische Begleitung verzichten, was laut Veranstalter jedoch „die hohe Musikalität dieser Literatur verstärkt hörbar“ macht. Die PoetInnen zelebrieren ihre Texte natürlich im Original. Da die Texte sowohl wegen ihres Rhythmus als auch wegen der Benutzung des Patois praktisch unübersetzbar sind, kann nur eine zusammenfassende Prosaübersetzung gereicht werden. Werner Pluta

Heute und morgen, 20 Uhr, literaturWERKstatt, Majakowskiring 46/48, Pankow

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