Politischer Preis fürs Semesterticket?

■ Umfrage an der TU soll „Kartenkaufverhalten“ der Studierenden beleuchten

„Die BVG weiß nicht, wieviel Geld sie bisher von den Studis bekommt, aber sie weiß, daß sie für das Semesterticket 191 Mark haben will.“ So kommentierte ein Student auf der gestrigen Vollversammlung in der Technischen Universität (TU) das letzte Angebot der Verkehrsgemeinschaft Berlin- Brandenburg (VBB) an ihre studentischen Verhandlungspartner, die sich seit anderthalb Jahren um die Einführung eines „Semtix“ bemühen. Bei einem solchen Semesterticket, das es bereits in vielen westdeutschen Städten gibt, bezahlen alle Studierenden mit der Rückmeldegebühr den Fahrpreis für das ganze Semester. Der Studentenausweis gilt dann als Fahrschein. Die unterschiedlichen Preisvorstellungen erklären sich vor allem daraus, daß es keine Statistik darüber gibt, wieviel Geld die Studierenden in Berlin und Potsdam bislang für ihre Fahrscheine ausgeben.

Nach den Berechnungen von Christoph Müller vom Fachausschuß Verkehrskonzept und Semesterticket des TU-Studierendenparlaments könnte die VBB das Semesterticket ohne Einnahmenverluste für nur 130 Mark anbieten. Dabei ging er von den Ergebnissen der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks aus, wonach im Jahresdurchschnitt 62 Prozent der Berliner Hochschüler für den Weg zur Uni Busse und Bahnen benutzen. Multipliziere man diesen Wert mit dem Preis für ein Jahresabo, lege den Betrag auf alle Studierenden um und ziehe davon noch 15 Prozent Verwaltungskosten ab, die durch das Semesterticket eingespart würden, käme man auf 129 Mark.

Tatsächlich fahren aber nach eigenen Angaben der BVG nur 26 Prozent ihrer Kunden mit einem Jahresabo durch die Stadt. Deshalb hat Müller in einer zweiten Rechnung die übrigen 74 Prozent mit einem Schätzwert von durchschnittlich vier Monatsmarken je Semester veranschlagt. Dann ergäbe sich sogar ein Preis von nur 110 Mark im Semester. Genaueren Aufschluß über das studentische „Kartenkaufverhalten“ soll eine Umfrage geben, die nächste Woche zeitgleich mit der Wahl des TU-Studierendenparlaments durchgeführt wird.

Ob die Einführung eines Semestertickets letztlich von diesen Zahlenspielen abhängt, ist ohnehin fraglich. „Alle Preise im öffentlichen Personennahverkehr sind politisch“, betonte Müllers Mitstreiter Florian Böhm. Deshalb wollen die Studierenden auch politisch vorgehen. Der bündnisgrüne Verkehrsexperte Michael Cramer hat im Abgeordnetenhaus bereits einen Antrag eingebracht, der den unwilligen Verkehrssenator zur Einführung des Semestertickets verpflichten soll. Ralph Bollmann