Kitaplätze ermogelt

■ Bündnisgrüne kritisieren Zahlenspielereien des Senats Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab 1996 verwirklicht?

Trickreich und unredlich proklamiere der Senat den ab 1996 geltenden Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Mit einer Milchmädchenrechnung habe man sich 10.000 Plätze ermogelt, kritisierte gestern Christian Pulz, jungendpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Abgeordnetenhaus, die Kitapolitik des Senats.

Der anvisierte Rechtsanspruch sei schlichtweg eine Mogelpackung, wenn neue Kindergartenplätze zu Lasten von Krippen- und Hortplätzen gingen und wenn der Senat aus Vorklassen oder einer stundenweisen Betreuung wie in den Miniclubs der Kirchen vollwertige Kitaplätze mache. Oder wenn durch die Erhöhung der Gruppenfrequenzen von 15 auf 18 Kinder pro anderthalb ErzieherInnen pädagogische Standards unterlaufen werden. Mit diesen Kunststückchen erhöhe sich beispielsweise in Charlottenburg die Quote der angebotenen Kindergartenplätze auf dem Papier von 75 auf 94 Prozent.

Ganz selbstverständlich ginge der Senat auch von der Stichtagregelung (1. August 1996) aus und „spare“ damit indirekt einen ganzen Jahrgang. Ein Kind, das im Herbst 1993 geboren wurde, erhält seinen Kitaplatz somit nicht mit der Vollendung des dritten Lebensjahres im Herbst 1996, sondern erst zu Beginn des Kitajahres im August 1997.

Man sei froh, daß sich die Jugendminister der Länder auf diesen Kompromiß einigen konnten, konterte Klaus Löhe, Staatssekretär im Jugend- und Sozialsenat den Angriff der Bündnisgrünen. Bevor gar nichts geht, sollte man die „preiwerteren“ Angebote annehmen und sich nicht in kleinlichen Rechnereien ergehen. Den Vorwurf, vereinzelte Betreuungseinrichtungen als vollwertige Kitaplätze zu zählen, quittierte die Jugendverwaltung mit der Retourkutsche, daß es angesichts der knappen Finanzen nicht um kleinteilige Fummeleien gehen könne. „Wir rechnen schlichtweg alle zur Verfügung stehenden Plätze mit.“

Nach Planungen der Jugendverwaltung sollen bis 1996 15.000 neue Kindergartenplätze geschaffen werden. Das soll durch Neubauten und durch Nutzung der Kindergärten der früheren Alliierten geschehen sowie dadurch, daß an Grundschulen der Westbezirke ein offener Ganztagsbetrieb eingerichtet wird. In die bisher für Hortplätze genutzten Räume können dann Kindergartenkinder einziehen. Ein zweifelhaftes Vorhaben, so die Bündnisgrünen, da die Finanzierung dieser Ganztagsbetreuung nicht geregelt sei. Der Bedarf von 14.000 Plätzen im Westen Berlins – im Osten sind die Kitas wegen des Geburtenrückgangs zum Teil nicht ausgelastet – wäre damit allerdings gedeckt. Michaela Eck