Nordlicht Nora im Nebel

■ Lizenzstreit um ein neues Privatradio in Schleswig-Holstein

Manchmal gibt es Ziele, die alte Gegner einen. Als Ende März in Schleswig-Holstein die dritte private Hörfunkkette lizensiert wurde, erhielt ein Sender den Zuschlag, dessen Gesellschafterliste von ungewohnter Harmonie kündet. Da fanden nicht nur die Handballrivalen THW Kiel und SG Flensburg-Handewitt zu neuer Eintracht, sondern auch die beiden Konkurrenten RSH und delta-Radio. Das heterogene Gespann bekam die begehrte Lizenz, das unterlegene PrismaRadio dagegen hat erzürnt Widerspruch eingelegt. Eine inhaltliche Kontroverse ist das allerdings nicht, denn beide wollen mit heimatlichen Klängen für ältere Hörer dem Quotenhirsch „NDR Welle Nord“ zu Leibe rücken.

Auch wenn die Frequenzen knapp, der Werbemarkt dünn und die Hörer rar sind, sollen nun im hohen Norden gleich drei Private tönen. Die recht autonom agierende Unabhängige Landesanstalt für das Rundfunkwesen (ULR) wollte es so. Vor allem RSH scheint einen maßgeblichen Einfluß auf den neuen Sender zu haben. Über seine 24,9-Prozent-Beteiligung hinaus werden verschiedentlich weitere Einflußmöglichkeiten vermutet. Auf jeden Fall sind jetzt alle künftigen Programmanbieter im Norden miteinander verflochten. Das, so meint Carsten Kock, RSH-Chefredakteur und Geschäftsführer von „Nora“, „ist allenfalls Ansichtssache“, juristisch sei das „o.k.“. Zu den Gerüchten, RSH sichere sich zusätzlichen Einfluß über Strohleute, meint Kock immerhin sibyllinisch, es sei doch „logisch, daß der, der etwas machen will, sich Freunde sucht und nicht Feinde“.

Die hat er gefunden. Vom Bauernverband über die „Musikgruppe Godewind“ bis zur rührigen Dorfbürgermeisterin „ist im Prinzip alles drin“, freut sich Kock über seine Gesellschafterschar. Mit meist kleinen 0,5- bis 5-Prozent-Anteilen, die keinem großen Gesellschafter Sorge bereiten dürften.

Die ULR verteidigt ihre mit großer Mehrheit getroffene Entscheidung. Die Vielfalt von „Nora“ sei wunschgemäß, die Zusammensetzung gesetzestreu und der „Schleswig-Holstein-Bezug“ in „Noras“ Angebot sei einfach besser gewesen. Zudem, versichert ULR-Sprecher Bauchrowitz: „Wir sehen die Dinge strenger als andere Bundesländer.“ Dafür war die ULR bislang zumindest gegenüber Pro 7, dem einzigen Fernsehsender, für den sie zuständig ist, nicht eben bekannt. Sollte die ULR Prismas Widerspruch zurückweisen (was zu erwarten ist), werden sich wohl die Gerichte mit dem Fall beschäftigen. Auf diesem Weg hatte RSH den Konkurrent „delta“ einst fast zwei Jahre lang verhindert. Lutz Meier