Konversion? Ein Unwort!

■ Man tut es und spricht nicht drüber: DST-Jahrespressekonferenz

Diesmal saß ein großer Bruder mit am Tisch: Zur Jahrespressekonferenz hatte das Bremer Systemtechnikhaus DST (Deutsche System-Technik) seinen neuen starken Partner mitgebracht. AT&T heißt der amerikanische Telekommunikationsgigant, mit dem sich der Bremer Mittelständler jetzt zusammentut. Rein partnerschaftlich, betonte einer der beiden DST-Chefs, Bruno Jacobi: Man bleibe Herr im Haus. Erstes gemeinsames Projekt: Ein Reiseinfo-Terminal für die Bahn, wie es auch in Bremen schon steht, das aber zugleich die Tickets ausspucken kann. AT&T liefert den Ticket-Teil; die DST kennt sich nach reichlich Glasbruch mit „Vandalenresistenz“ aus.

„Kontinuität“, war zu hören, beschreibe die Entwicklung der jungen Firma nach fünf harten Jahren – über Gewinne wolle man nicht reden, aber man schreibe schwarze Zahlen. Der Umsatz war 1994 leicht rückgängig, dafür aber mit weniger Mitarbeitern gemacht worden (1993: 813, 1994: 774 – Betriebsstätten Bremen und Kiel). Von einer reinen „Rüstungsschmiede“ mit dem einzigen Auftraggeber Bundeswehr hat sich die Ex-Philips-Tochter unter den beiden Ex-Philips-Managern Jacobi und Hans-Jörg Zobel zu einem Gemischtwarenladen mit etwa 40 Großkunden entwickelt. 54% des Auftragseingangs sollen heute „rein zivil“ sein, nur noch 23% „rein militärisch“. Falls die Bundeswehr zukünftig überhaupt noch etwas einkaufen kann, steht DST demnächst ein fetter Brocken ins Haus: Die Bremer haben ein Ortungssystem entwickelt, das über Berge „sehen“ kann und selbst nicht entdeckt wird. Im kommenden April geht das System in die „Felderprobung“.

Als „semimilitärisch“ gelten Aufträge wie Grenz- und Flughafensicherung – mit „intelligenten“ Kameras und Identifizierungs-Chips an Fahrzeugen und Menschen. Die DST-Mitarbeiter kennen das schon: Sie halten ihre Chipkarten morgens und nachmittags in die Nähe eines Erfassungsgerätes, das gleichzeitig identifiziert und ihr Gleitzeitkonto führt.

Immer noch freut sich die DST (Umsatz 1994: 165 Millionen) über einen Coup mit der Bahn: Sie konnte die Steuerung für die norddeutschen ICE-Strecken ergattern. Gerne würde man daraus ein Informationssystem für Fahrgäste entwickeln, die erfahren könnten, wo der verspätete ICE warum steht und wieviel Zeit er auf der Strecke nach Berlin zum Beispiel aufholen könnte.

Die DST ist inzwischen so zivil, daß das Wort Rüstungskonversion bei der Pressekonferenz gar nicht mehr fiel. Ein Nachfrage ergab: Das ist ein Unwort, das Aufträge kosten könnte. Man macht das, spricht aber nicht drüber. BuS