Multimedia-Jugendcamp

■ Deutsche und litauische Jugendliche lernen sich (auch) über Computer und Videofilme kennen / Innovationsfreudige Sponsoren für Sprechlabor gesucht

Wenn zwei Nationen aufeinandertreffen, gibt es Barrieren. Eine grundlegende Barriere ist die Sprache. „Was heißt eigentlich ,danke‘ auf Litauisch, und wie spricht man die fremden Buchstaben aus?“ Diese und andere Verständigungsfragen werden im Jugendcamp der Deutsch-Litauischen Gesellschaft im Jugenddorf am Müggelsee, das noch bis zum 12. Juni mit 75 litauischen Jugendlichen und 25 Erwachsenen stattfindet, auch technisch beantwortet. Ein Computer ermöglicht es den Jugendlichen, das Wort in der Muttersprache anzuklicken und dann die Übersetzung ins Deutsche beziehungsweise Litauische schriftlich zu sehen, aber gleichzeitig auch über einen Lautsprecher zu hören.

Dieses deutsch-litauische Wörterbuch ist jedoch nicht statisch. Die Jugendlichen wählen selbst die Wörter aus, von denen sie glauben, daß sie sie für den Aufenthalt in Deutschland oder Litauen brauchen. Diese werden dann in beiden Sprachen über ein spezielles Gerät aufgenommen und in dem Computer ausgegeben. Dabei sprechen die Jugendlichen selbst.

Klaus Ebert, der über ein halbes Jahr mit der inhaltlichen Organisation des Camps betraut war, sieht in Multimedia die Zukunft für die Kontaktentwicklung. „Mit solchen Systemen nutzen wir mehrere Kanäle, sowohl das Hören als auch das Sehen. Die Jugendlichen sind zusätzlich motiviert, da sie selbst bestimmen können, was in den Computer kommt, und außerdem haben sie einfach Spaß am Umgang mit der Technik.“ Der Andrang um das Gerät gibt ihm recht: „Der Computer ist lustig, schade, daß wir so etwas nicht bei uns haben“, meint Monica. Das soll sich jedoch ändern. Allerdings fehlt bisher das Geld dafür.

Ebert sucht für die Aufstellung eines zweiten Computers im litauischen Kultur- und Jugendzentrum Vilnius, aus dem die meisten Jugendlichen kommen, Sponsoren. Dabei denkt er „vor allem an deutsche Firmen, die in Litauen investieren wollen“. Diese sollen auf einer Ost-West-Wirtschaftstagung, die auch von der Deutsch-Litauischen Gesellschaft initiiert wird, angesprochen werden. Die Entwicklung des ersten Computers hat 30.000 Mark gekostet, wobei für den zukünftigen Comupter in Vilnius jedoch nicht die 15.000 Mark Programmierungskosten anfallen würden.

Videos werden als zweites Medium zur Völkerverständigung eingesetzt. Dafür haben die Jugendlichen in Vilnius schon selbst Filme gedreht, und zwar „wo man am besten essen kann, wo es billige Schlafplätze gibt oder welche Orte in sind“, erklärt Jan. „Das Ziel ist es, hiermit Informationen über die eigene Stadt herüberzubringen, die von den offiziellen Darstellungen abweichen, also Insiderhinweise zu bekommen“, sagt Ebert. Das ist wohl auch nötig. Nach einer Stadtrundfahrt meint Inga: „Berlin ist sehr groß, und es ist gar nicht möglich, alles zu sehen. Ich möchte viel lieber die Menschen hier kennenlernen, als alle diese historischen Orte zu sehen.“

Als die LitauerInnen, von denen viele professionell Musik machen, mit ihrer Dixiland-Band im Jugendclub in Rahnsdorf spielen, gibt es keine Kontakte. Die deutschen Jugendlichen bleiben lieber cool unter sich. So erzählt etwa der 17jährige Zoff: „Ich bin nur durch Zufall hier, ich habe auch keine Lust, Litauer kennenzulernen, ich verbringe schon die Hälfte meiner Zeit mit Türken. Das reicht für die Völkerverständigung.“ Sein Freund Alice sieht das allerdings etwas anders: „Ich bin schon auch ein bißchen neugierig auf die.“

Vielleicht kommt es ja dann zu mehr Kontakten, wenn die Jugendlichen das tun, was weltweit alle Jugendlichen gern machen: Musik hören und tanzen. Für eine große Fete im Jugendclub, zu der auch die litauischen Jugendlichen eingeladen sind, ist auf jeden Fall umfangreich geworben worden. Denn bei allem Mulitmedia, das meint auch Ebert: „Der persönliche Kontakt ist doch am wichtigsten.“ Ina Rust